Seite:Ficker Vom Reichsfürstenstande 079.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

dem einfachen Wortsinne nach überall geschehen konnte; aber in so vereinzelten Fällen werden wir schwerlich den Ausgangspunkt jenes Gebrauches finden wollen.

Auch dafür, dass der einzelne Grosse des Reichs von Anderen als Princeps bezeichnet wird, finden sich in früheren Jahrhunderten nur wenige Beispiele. Heisst es in Kaiserurkunden von 763: principis nostri summi Tassilonis; 823 von der Abtei Massevaux, sie sei gegründet: a quodam principe viro nobili Masone, fratre videlicet ducis Luidfredi; 1073 bei Erwähnung der Stiftung des Klosters Rot durch den Pfalzgrafen Kuno: Nos vero devotione tanti principis exhilarati[1], oder 978 in einer Fuldaer Tradition: quidam nobilis princeps de Saxonia, regali stirpe progenitus, Hertac nomine[2], so sind diese Stellen zu vereinzelt und unbestimmt, gehören auch einer zu frühen Zeit an, als dass sie für unsern Zweck von Werth wären.

Im zwölften Jahrhunderte findet es sich nun wohl häufiger, dass ein Grosser von einem anderen Princeps genannt wird. So sagt der Bischof von Passau 1135: Venerabilis princeps marchio Liupaldus und 1158: Gloriosus princeps comes Hallensis Engelbertus[3]; der Erzbischof von Bremen 1143: una cum fideli nostro A. marchione illustri principe und 1144: vidua principis Rotholfi comitis[4]; der von Mainz 1147: comes H. de Wincenburg princeps videlicet dives et praepotens[5]; der Bischof von Augsburg 1154: ab illustri principe duce Welfone[6] Aber in keinem dieser Fälle ist der Ausdruck Princeps in Beziehung zu dem Lande oder Amtssprengel des Betreffenden gebracht, wie ich es erst 1183 aus einer Bamberger Urkunde nachzuweisen wüsste, in welcher wiederholt vom princeps Stirie die Rede ist[7]; der Ausdruck erscheint nur als ehrender Zusatz zum Amtstitel, tritt aber nicht an dessen Stelle; ist es auch nicht gerade nöthig, dabei an die Principes regni zu denken, so liegt ein solcher Gedanke doch gewiss am nächsten.

Noch eine andere Schwierigkeit würde sich dem entgegenstellen. Die einzelnen geistlichen Grossen des Reichs werden eben so wohl, wie die weltlichen, später als Princeps bezeichnet; nun ist mir aber kein Beispiel aus früherer Zeit bekannt, dass irgend ein Bischof oder Abt Princeps mit Beziehung auf einen ihm untergeordneten Kreis genannt worden wäre. In Beziehung auf einen kirchlichen Sprengel scheint der Ausdruck überhaupt nie in Uebung gewesen zu sein; in staatsrechtlicher Beziehung hätte er überhaupt füglich nur von solchen Bischöfen oder Aebten angewandt werden können, welchen herzogliche oder gräfliche Sprengel unterworfen waren; aber selbst, wo das der Fall war, und in Reichstheilen, wo bei weltlichen Grossen jener Gebrauch

stattfand, wie das etwa beim Bischof von Lüttich zutreffen würde, finden

  1. M. B. 9, 8. Trouillat 1, 103. Meichelbeck 1, 265.
  2. Schannat Tr. 242.
  3. M. B. 28b, 93. 113.
  4. Lappenberg 1, 155. 159
  5. Guden 1, 186. 205.
  6. M. B. 6, 481.
  7. UB. d. L. ob d. Enns 2, 383.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_079.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)