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Volksherzoge zusammenfassend zu erwähnen; so sind die praedicti principes einer Urkunde von 898 die Kaiser Karl und Ludwig und die Baiernherzoge Othilo und Thassilo.[1] Selbst princeps principum schlechtweg wurde neben dem Kaiser auch wohl sonst ein mächtiger Herrscher genannt; so 1164 der König von Frankreich.[2]

5 Weiter aber liess man auch die Rücksicht auf Unabhängigkeit nach oben ganz ausser Augen; jeder Erste in irgend einem Kreise konnte sich in Beziehung auf diesen Princeps nennen: princeps camerae, princeps militiae sind nur andere Wendungen für Kämmerer und Seneschall. Insbesondere häufig war dieser Gebrauch in den Ländern französischer Zunge im eilften und zwölften Jahrhunderte; jeder, der irgend etwas zu befehlen hatte und seinen gewöhnlichen Titel nicht immer wiederholen, vielleicht auch denselben durch einen volltönenderen ersetzen wollte, nannte sich hier Princeps, vom princeps Campaniae oder Flandrensium hinab bis zu einem princeps de Castello de Poix oder Peronensis castri; wir werden es in vielen Fällen nur etwa durch Herr verdeutschen dürfen, wie es auch nicht an Belegen fehlt, dass es abwechselnd mit dem Titel Dominus gebraucht wird.[3] Daraus erklärt sich, wenn in Urkunden der französischen Könige in der Formel: ut nullus comes, nullus princeps, nulla alia laica potestas u. s. w.[4] der Princeps dem Grafen nachgestellt erscheint.

Für unsere Zwecke ist zunächst im Auge zu halten, dass dieser Gebrauch sich auch im Königreiche Burgund mehrfach nachweisen lässt, und zwar nicht allein bei mächtigern Grossen, wie dem Grafen von Provence, von Savoyen und anderen[5], sondern eben auch für einfache Edelherren. Um das J. 1100 erscheinen die Herren Walcher und Kuno von Granson als principes und principes provinciae[6]; 1108 heisst es in Urkunde des Kapitels S. Moritz im Chablais: Haec sunt nomina laicorum principum, qui testes sunt: A. de Bloniaco, G. de Alingio et B. filius eius,[7] Die Herren von Baux heissen vereinzelt principes de Baucio[8]; auch urkundlich 1040: assensum praebentibus principibus Gaufredo et Bertramno.[9] Die Herren von Briançon führen 1267 und 1284 nur den Titel Dominus[10]; der Delfin Humbert aber nennt sich 1334 Brianconesii princeps, es ist von einem principatus Brianconesii die Rede.[11] Sogar die Reichskanzlei gibt uns ein Beispiel dieses Gebrauches; 1147 gibt K. Konrad dem Herrn de Clariaco (Quirieu im Sprengel von Vienne?) als Sylvioni nobilissimo principi suo ein anscheinend unverdächtiges Privileg, worin es heisst: Antecessorum nostrorum authoritatem imitando, te venerabilis pretaxate

princeps Sylvio et per te filios et successores tuos ab omni

  1. M. B. 28, 120.
  2. Gallia chr. 12, 49.
  3. Belege bei Ducange ad v. princeps.
  4. z. B. 1155: H. de Langued. 2, 552. 561.
  5. Gallia chr. Text 1, 313. Guichenon Savoye. 2, 33. Vgl. Gebhardi 1, 171.
  6. Mem. de la Suisse Rom. 1, 164. 165.
  7. Guichenon Savoye. 2, 29.
  8. Ducange l. c.
  9. Gallia chr. 1, 111.
  10. Gallia chr. 12, 395. 400.
  11. H. de Dauph. 2, 257. 265. 348.
Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)