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X.

106. Genügende Kennzeichen des Fürstenstandes haben wir aus den bisherigen Untersuchungen noch nicht gewonnen, zumal sich ergab, dass die Amtstitel solche nicht mehr bilden. 107. Wir fassen als Kennzeichen zunächst den Titel Princeps, 108. welcher besonders beweisend wird, wenn von den als Principes bezeichneten andere als Fideles oder Nobiles geschieden werden.

XI.

109. Ein weiteres Kennzeichen sind die fürstlichen Prädikate. 110. Venerabilis gebührt den geistlichen Fürsten, Honorabilis u. Religiosus den Prälaten, 111. Illustris den Laienfürsten, 112. aber auch den Königssöhnen, 113. und Fürstengenossen; 114. Strenuus und Fidelis den Ministerialen, Nobilis den Magnaten im allgemeinen, Spectabilis den Grafen insbesondere.

XII.

115. Ein wichtiges Kennzeichen bietet uns die Rangordnung der Zeugen, auf welche man augenscheinlich Werth legte. 116. Bei dem Versuche, sie festzustellen, stossen wir freilich auf Schwierigkeiten und Widersprüche; doch zeigt die Vergleichung der Zeugenreihen zahlreich besuchter Hoftage, dass es Regeln gab, wonach der Rang nicht allein der Klassen, sondern auch der einzelnen Grossen, sei es allein, sei es alternirend mit einem andern, sich genau bestimmen liess, wenn auch diese Regeln nicht immer beachtet wurden. 117. Doch waren die Regeln schwankend wegen des Durchkreuzens verschiedener Gesichtspunkte für die Anordnung. 118. Die Geistlichen haben in der Regel den Vorrang vor den Laien, mit Ausnahme der Könige, 119. und der Kurfürsten; 120. doch findet sich auch ein Vorrang höherer Klassen der Laien vor niederen Klassen der Geistlichen, wonach sich die Gränze zwischen geistlichen Fürsten und Prälaten, 121. und zwischen Laienfürsten und Magnaten bestimmen lässt 122. Bei Anordnung der Klassen der Geistlichen begründen die Würden des Kardinal und des apostolischen Legaten einen Vorrang; der des Patriarchen ist nicht durchgreifend; Erzbischöfe stehen nur zuweilen dem Sprengelbischofe nach; Aebte, welche Pröbsten nachstehen, sind nicht Reichsfürsten. 123. Bezüglich der Stellung der einzelnen Geistlichen erprobt sich ein Vorrang von Mainz und der rheinischen Erzbischöfe überhaupt 124. Für die Ordnung der Bischöfe sind verschiedene Gesichtspunkte massgebend; so die Kirchenprovinz, die Zeit der Konsekration, das Alter oder der kirchliche Vorrang des Bisthums, der Vorzug des Konsekrirten vor dem Erwählten, die weltliche Stellung, das Amt des Reichskanzlers und Reichslegaten, der Ort der Ausstellung; für eine Scheidung in fürstliche und nichtfürstliche Bischöfe findet sich kein genügender Haltpunkt; 125. dagegen ergibt sich ein Vorrang der fürstlichen Aebte vor den nichtfürstlichen, welche überhaupt nur selten Zeuge sind. 126. Die weltlichen Fürsten stehen den Magnaten ohne Rücksicht auf die Amtstitel vor; 127. der Fürstenstand ergibt sich aus der Stellung vor Königssöhnen, 128. vor Fürstengenossen, 129. vor erwiesenen Fürsten; innerhalb beider Klassen ist die Stellung sehr schwankend. 130. Die deutschen Grossen haben den Vorrang vor den Italienern, 131. die Grossen der Königreiche Sizilien und Jerusalem stehen allen Grossen des Kaiserreichs nach, 132. die burgundischen Grossen stehen den Deutschen nach, den Italienern vor; 133. doch werden bezüglich der weltlichen Grossen diese Regeln weniger beachtet.

XIII.

134. Die aufgestellten Kennzeichen genügen, die einzelnen weltlichen Fürsten und Magnaten nachzuweisen. 135. Von den deutschen Grossen sind die meisten Herzoge Fürsten; 136. insbesondere auch die von Steier, 137. und Meran; 138. die Herzoge von Braunschweig kann man vor ihrer Erhebung weder als Fürsten, noch als Magnaten bezeichnen; 139. die Herzoge von Limburg, 140. Teck, 141. und

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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_022.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)