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Uebersicht.

Einleitung. Das deutsche Kaiserreich in seinen universalen und nationalen Beziehungen. Erschwerung der Forschungen über die Geschichte der Reichsverfassung durch das stätige Fortschreiten und die örtliche Mannichfaltigkeit der Entwicklung. Unzulänglichkeit der bisherigen Forschungen über den Reichsfürstenstand. Zeitliche Begränzung und Ausgangspunkt der Untersuchung. Anordnung des Stoffes. Gründe für das Ungenügende mancher Ergebnisse

I.

1. Als Kennzeichen des Fürstenstandes wird zunächst das Wort Fürst, oder vielmehr das gleichbedeutende Princeps zu dienen haben. 2. Es ist zu unterscheiden zwischen Princeps und Principes. 3. Princeps schlechtweg ist strenggenommen nur der Kaiser; 4. es wird aber auch gebraucht für jeden unabhängigen Herrscher, 5. weiter für jeden Ersten selbst in untergeordnetsten Kreisen; so insbesondere im Königreiche Burgund 6. und den lothringischen Reichstheilen. 7. Es wird auch mehrfach zum stehenden Titel, insbesondere in Unteritalien, 8. und darauf ist es zu beziehen, wenn in Kaiserurkunden Principes als besondere Klasse weltlicher Grossen erscheinen. 9. Aehnlichen Gebrauch finden wir bei slavischen Grossen; 10. so in Pommern und Rügen, 11. Mecklenburg, 12. Böhmen und Mähren, 13. Schlesien.

II.

14. Principes können die Ersten in jedem, auch noch so untergeordneten Kreise des Staatslebens mit Beziehung auf diesen genannt werden, 15. und in Burgund und den lothringischen Reichslanden werden früher wirklich die Grossen einzelner Grafschaften so genannt; 16. doch sind daneben die gleichbedeutenden Ausdrücke Optimates, Primates, Proceres, Magnates, Barones in Gebrauch. 17. Letzterer ist in den übrigen Reichstheilen später der gebräuchlichste, doch auch mit andern gleichbedeutenden wechselnd. 18. Dagegen wird Principes hier nur selten mit Beziehung auf einen einzelnen Reichstheil gebraucht, am häufigsten in Baiern, nie in Sachsen; Ende des zwölften Jahrhunderts hört dieser Gebrauch überhaupt auf, 19. mit Ausnahme Böhmens, wo später die böhmischen Fürsten als höherstehende Klasse von den Baronen unterschieden werden; 20. nur vereinzelt erscheinen auch österreichische Fürsten.

III.

21. Der Ausdruck Principes regni oder imperii ist in früherer Zeit der Reichskanzlei nicht geläufig; 22. noch im neunten Jahrhundert erscheint er fast nur in unechten Kaiserurkunden; 23. erst im zehnten wird er etwas häufiger gebraucht. 24. Dagegen finden sich als gleichbedeutende Ausdrücke: Proceres, welcher nur in Italien untergeordnet erscheint, 25. Primates, 26. Primores, 27. Optimates.

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Julius von Ficker: Vom Reichsfürstenstande. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1861, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Vom_Reichsf%C3%BCrstenstande_019.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)