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Gesammtzahl, zählt aber einen ersten bis dritten geistlichen, dann einen ersten bis dritten Laienfürsten auf, also sechs, welche erste Stimmen haben. Wenn es sich dann noch veranlasst sieht, von einem andern Fürsten, dem König von Böhmen, zu bemerken, er habe keine Kur, so ergibt sich doch nach wie vor nur eine Sechszahl der Wähler.

3. Fragen wir nun, in welche Zeit passt nach der früher erörterten Entwicklung die Sechszahl des Ssp., in welche die Siebenzahl des Swsp., so meine ich, die Unstatthaftigkeit der Siebenzahl würde für keine Zeit bestimmt nachzuweisen sein, da uns eben, vom Ssp. abgesehen, über eine bestimmt abgeschlossene Zahl erster Wähler aus früherer Zeit keine Nachrichten vorliegen. Dagegen wird die Sechszahl schwerlich noch nach 1256, gewiss nicht nach 1273 passen, da wir in dieser spätern Zeit die Siebenzahl so ganz unbestritten festgestellt finden. Damit könnte immerhin bestehen, dass einzelne der sächsischen Rechtsbücher trotz der Sechszahl in dieser spätern Zeit entstanden sein könnten, insoferne sie dieselbe vielleicht ohne nachzudenken, ob das noch passe, ihren Vorlagen entnahmen. Beim Sächs. Ldr. aber kann das kaum der Fall sein; gerade die über Böhmen hinzugefügte Bemerkung müsste den Verfasser nachdenken lassen, welche die Zahl sei, als er schrieb; Böhmens Recht konnte er auch nach 1273 noch bestreiten, aber nicht mehr die Siebenzahl; wäre er unter K. Rudolf entstanden, so würde er gewiss, wie der Swsp., die Siebenzahl durch Baiern ergänzt haben; die Stelle kann nicht füglich erst geschrieben sein, als die Siebenzahl schon unzweifelhaft feststand.

Dabei können wir ganz davon absehen, ob nun für ältere Zeiten die Sechszahl oder die Siebenzahl die richtige war; geben uns die sächsischen Rechtsbücher das früheste Zeugniss für eine abgeschlossene Zahl und zwar für die Sechszahl, so liesse sich doch auch manches mit Phillips für eine schon frühere Geltung der Siebenzahl beibringen; wir haben oben zu zeigen versucht, wesshalb hier manches ungewiss sein und verschiedene Ansichten

recht wohl unentschieden neben einander bestehen konnten.

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 115. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_119.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)