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aber, bis auf den Patriarchen von Aglei, auch insgesammt genannt sind, während keiner von den nicht zum Fürstenstande gehörigen Grossen, von welchen der Deutschordensmeister, der baierische Pfalzgraf, der Markgraf von Baden, der Burggraf von Nürnberg und andere Grafen doch zu Wien waren, als Wähler genannt ist.

Dagegen sind mir Umstände aufgefallen, welche auch hier eine besondere Beachtung der ersten Wähler anzudeuten scheinen.

Die Reichskanzlei befolgte bestimmte Regeln bei der Stellung der Grossen in den Urkunden, welche gewöhnlich leicht erkennbar sind, wenn man beachtet, dass bald dieser, bald jener Gesichtspunkt dabei überwog, so Rang und Stand, der Unterschied der Länder, der Ausstellungsort, auch wohl der besondere Inhalt der Urkunden. Das Wahldekret Konrads zeigt nun eine Anordnung, welche ich mir nur aus der Stimmenordnung bei der Wahl zu erklären weiss.

Wenig auffallen kann es, dass unter den geistlichen Fürsten Mainz und Trier an der Spitze vor Salzburg stehen, da ein Vorzug der rheinischen Erzbischöfe sich häufig auch sonst in dieser Richtung geltend macht; zu beachten ist immerhin, dass in den übrigen damals zu Wien ausgestellten Urkunden Salzburg meistens Trier, einigemal selbst Mainz vorsteht, was sich aus dem mehrfach hervortretenden Vorzug des Ortsmetropoliten erklärt. Auffallender ist es, dass der Patriarch nicht unter den Wählern, sondern nur am Schlusse der Urkunde als Anwesender aufgeführt wird. Italienischen Reichsfürsten stand allerdings überhaupt kein Wahlrecht zu; der Patriarch wird aber, wie der Bischof von Trient, sonst durchweg zu den deutschen Reichsfürsten gezählt; der die staatsrechtlichen Verhältnisse besonders scharf beobachtende Giselbert von Hennegau sagt ausdrücklich: quia hoc nisi sub testimonio prineipum Theutoniae fieri non poterat et Theutoniae princeps aderat unus tantummodo, scilicet patriarcha Aquileae, investituras istas usque in Theutoniam oportuit differre. (ed. Du Chasteler. 221.). Dagegen ist es sehr erklärlich, dass der Patriarch nicht zu den ersten Wählern

gehörte. Wo Aglei und Mainz sonst zusammen anwesend

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 105. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_109.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)