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Uebersetzung von S, zeigt aber zugleich in fast jedem Artikel eine so bestimmte nähere Verwandtschaft zu L, dass dieses bei der Annahme seiner Priorität immer zur Vergleichung herangezogen sein müsste. Und zwar in folgender Weise:

α. Der Verfasser von D hätte bei mehrfach stark abweichender Anordnung die entsprechenden Abschnitte in L mühsam aufsuchen müssen.

β. Trotz des viel ausgedehnteren und reicheren Textes von L hätte er sich durch denselben doch nur zu ganz unbedeutenden Zusätzen bestimmen lassen; Vervollständigung des Textes, wie sie etwa die Mühe der Vergleichung hätte lohnen können, war also nicht Zweck derselben; S. 75. 93. 94 (187. 205. 206).

γ. Dagegen hätte er sich mehrfach in Fällen, wo bei im allgemeinen übereinstimmenden Texte L ein Weniger gegenüber S zeigt, dadurch bestimmen lassen, nun auch die betreffenden Worte in D ausfallen zu lassen. Und zwar mit Vorliebe gerade in solchen Fällen, wo ihm die Vergleichung von S und L unmittelbar zeigen musste, dass das Weniger in L hier wenigstens nur eine durch das gewöhnlichste Abschreiberversehen bedingte Lücke sein konnte, weil es in dem nahe verwandten S durch gleiche Worte begränzt erscheint. Oder es müsste sich mehrfach in Fällen, wo in L diese Entstehung des Weniger bei mehr abweichender Fassung nicht gerade bestimmt hervortritt, der sonderbare Zufall ergeben haben, dass der Verfasser von D auf die Autorität von L hin etwas fortgelassen und dass dennoch dieses absichtliche Weniger in D gerade die Form einer durch die Wiederholung gleicher Worte in S herbeigeführten Lücke erhalten hätte; und zwar alles so oft wiederholt, dass von einem zufälligen Uebereinstimmen des Weniger in L und D gegenüber S nicht die Rede sein kann; S. 80. 95 (192. 207).

δ. Er hätte in vielen Fällen gerade da, wo in S ein richtiger, in L ein offenbar irriger Text vorliegt, sich, obwohl er S sonst genau folgt, durch L dazu bestimmen lassen, den richtigen Text in einen L entsprechenden irrigen zu ändern; S. 37. 83. 102. 103 (149. 195. 214. 215.). Die Ungereimtheit der, aus L — D doch nothwendig folgenden Annahme, der Verfasser von

D habe L grossentheils nur herangezogen, um den Text von S

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_049.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)