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Abschnitte L vor Augen gehabt, ihm also der Parallellismus beider Rechtsbücher überaus genau bekannt gewesen sein müsste.

b. Vergleichen wir D mit den bisher als Norm betrachteten Formen von L und mit S, so schliesst es sich im ersten Theile auch in seiner Materienfolge durchweg an L an, zeigt aber auch einzelne Artikel S nach Inhalt und Einordnung durchaus entsprechend, welche L fehlen. S. 29. 30. 31 (141 ff.) D müsste also:

α. diese Artikel aus S zugesetzt haben, was natürlich nicht auffallen kann.

β. Es müsste diese Artikel dem Texte von L ganz genau an dem Orte eingefügt haben, an welchen sie der Anordnung von S gemäss fallen würden. Ein solches Verfahren wird für Werke, bei welchen die Materienfolge nicht etwa durch den leicht wiederherstellbaren Faden der Zeitfolge, sondern durch eine oft sehr lose Gedankenverbindung bedingt ist, durchaus unwahrscheinlich sein; die Geschichte der Rechtsbücher gibt uns viele Beispiele, dass bei späteren Rezensionen Bestandtheile älterer, welche inzwischen ausgefallen waren, wieder aufgenommen wurden; aber es ist mir kein Beispiel bekannt, dass ihnen dabei zugleich ihre ursprüngliche Stellung wieder angewiesen worden wäre.

γ. Der Verfasser müsste zugleich diese wiederaufgegriffenen Artikel durch eine erweiternde Umarbeitung in eine dem sonstigen Textverhältnisse zwischen L und S entsprechende Form gebracht haben, ein Verfahren, welches am wenigsten einem Verfasser zuzutrauen sein dürfte, welcher später die Artikel aus S nur übersetzt.

Dabei ist nun freilich zu bemerken, dass dieser, aber auch fast nur dieser Grund gegen die Priorität von L fortfällt, wenn nicht etwa der Text der Lassbergischen oder Ambraser Hs., sondern der der Freiburger Hs. als der ursprünglichste betrachtet wird. Aber H. v. D. gegenüber, welcher die von mir für den Werth der Freiburger Hs. S. 133 (249) ff. vorgebrachten Gründe nicht berührt, ihnen auch von seinem Standpunkte aus schwerlich zustimmen konnte, dürfte auch dieses Argument seine Geltung behaupten.

c. Im ersten Theile des Ldr. zeigt D mehrfach einen S und

L in der Weise vermittelnden Text, dass S und L in keinem

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 43. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_047.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)