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oder mit den Berliner Fragmenten des Swsp. näher übereinstimmt, S. 54. 56. 114. 124. 129. 137. (166. 168. 230. 240. 245. 253); und doch würden alle diese Hss. noch nicht hinreichen, das möglichst nahe Herantreten aller Einzelnheiten in D an L in der Gesammtheit aller seiner Formen nachzuweisen; für manche Ausdrücke ergeben erst andere, bei Wackernagel verglichene Texte die nächste Uebereinstimmung, und es muss danach höchst wahrscheinlich sein, dass für manche Einzelnheiten in D, welche wir nach den uns jetzt bekannten Texten in L nicht nachweisen können, sich in den noch unverglichenen Uebereinstimmung ergeben würde. Dieses Verhältniss mit der Annahme L — D in Verbindung zu setzen, dürfte nur durch zwei Annahmen möglich sein, von welchen mir die eine so unstatthaft scheint, wie die andere:

a. D müsste nicht allein aus S und L, sondern sogar aus allen uns bekannten Rezensionen von L seinen Text mosaikartig zusammengesetzt haben, es müsste zur Bildung selbst einzelner Sätze seines Textes das eine Wort aus einer zur Familie der Lassbergischen Hs., das zweite aus einer zur Familie der Ambraser Hs. gehörigen Hs., weitere wieder aus dieser und jener andern Form entnommen haben. Die Vertretung dieser Annahme zu übernehmen dürfte schwerlich jemand geneigt sein.

b. Ein Text des Swsp., welcher uns das bei D stattfindende Verhältniss andern Formen gegenüber zeigte, würde uns, möchte der Werth der Hs., in welcher er erhalten wäre, nach Alter und Korrektheit auch ein noch so geringer sein, unzweifelhaft als der ursprünglichste erscheinen müssen, da er sich aus keiner der andern Formen, alle andern aber aus ihm ableiten lassen würden. D selbst müsste also wenigstens unmittelbar aus dem ursprünglichsten Texte von L abgeleitet sein, was an und für sich nichts Auffallendes hätte; völlig unglaublich müsste es aber doch sein, dass bei allen Versetzungen mit Bestandtheilen von S, bei allen Verkürzungen und anderweitigen Aenderungen, welche der Text in D erlitten haben müsste, diese Ableitung aus dem ursprünglichsten Texte von L so erkennbar geblieben sein sollte, dass D sich durchweg in seinem Wortlaute noch immer näher an den

Urtext von L anschlösse, als dieses bei irgend einer der den

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 41. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_045.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)