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herbeigeführten Verkürzung des ursprünglichen Bestandes eines Werkes durch einfaches Auswerfen von Abschnitten und Sätzen andererseits ein sehr bedeutender scheint und ich wenigstens, wenn ich in Folge meiner Untersuchungen behauptete, dass die Geschichte des Swsp. vorwiegend eine Verkürzung von der Urform ab ergäbe, dabei lediglich das letztere im Auge hatte.

b. Während das Mehr in D sich nirgends als Zusatz zu L, in vielen Fällen dagegen bestimmt als ursprüngliche Vollständigkeit erweist, S. 54. 56. 57. (166. 168. 169.), so erweist sich das Mehr in L häufig aufs bestimmteste als Zusatz zu dem in D erhaltenen Texte, indem es den Gedankengang unterbricht, S. 28. (140.), als Glossem, S. 52. (164.) oder Wiederlegung (vgl. L 51 mit D 48) oder Wiederholung, S. 28. 30. (140. 142. vgl. auch L 59. 86. 87 mit D 55. 78.) auftritt oder sich eine Unsicherheit in der Stellung des Mehr und in dem begleitenden Texte zeigt, S. 52. (164.).

c. Während das Weniger in D sich, von blossen Abschreibernachlässigkeiten abgesehen, beim Vergleiche mit L nirgends als Lücke erweist, S. 52. (164.), gibt sich das Weniger in L oft sehr bestimmt als Lücke zu erkennen, da sich in L Beziehungen auf ihm selbst fehlende Bestandtheile des Textes von D finden, S. 31. 55 (143. 167), zu dem Weniger eine Unsicherheit des einschliessenden Textes tritt, S. 54 (166), das Fehlen sich mehrfach trotz des Uebereinstimmens der Hss. von L als offenbares Versehen darstellt, S. 56 (168), der Sinn das Fehlende erfordert, S. 57 (169), in andern Fällen sich wohl ein genügender Grund für ein Fallenlassen in L, nicht aber für ein Zusetzen in D ergibt, S. 57. 58 (169. 170).

d. Bei abweichender Materienfolge scheint die richtigere Stellung in D eine Verschiebung in L zu ergeben, S. 27 (139.)

2. Vergleichen wir den Text von D mit dem der verschiedenen Rezensionen, in welchen uns L vorliegt, so zeigt er zu keiner derselben ein stetiges Anschliessen, welches die Annahme zuliesse, er sei aus dieser oder jener der uns bekannten Formen abgeleitet. Ich habe Beispiele gegeben, wie in den einzelnen Stellen und Worten D bald mit der Lassbergischen, bald mit

der Ambraser, der Schnalser, der Züricher, der Freiburger Hs.

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 40. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_044.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)