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nur sehr selten davon Notiz nimmt, dass uns auch andere Texte erhalten sind.

Nun könnten zunächst die von Konrad hinzugefügten Dinge nur Zusätze der vierten Hand sein; denn Zusätze der dritten Hand sind nach v. D. bereits in den 1283 vorhandenen Ssp. übergegangen, woraus sich ein durch das Hinzukommen mehrerer Umstände vielleicht noch bedenklicheres Zeitverhältniss ergibt, wegen dessen ich auf Homeyer, Stellung. 6. 30. verweise. Es könnten aber weiter auch nur solche Dinge sein, welche eine Eigenthümlichkeit der Lassb. Hs. und etwa der nächstverwandten bilden, also insbesondere nicht, wie v. D. vermuthet, theilweise die Blumenlese aus Berthold's Predigten, oder aber es müssten sich alle Hss., in welchen sich diese Dinge finden, d. h. alle uns bekannten, aus der Lassb. Hs. ableiten lassen. Das ist entschieden nicht der Fall. Nehmen wir auch an, diese Hs. sei nicht allein die älteste, sondern auch die beste, so ergibt sich doch auch ohne alle Berücksichtigung des Dsp. leicht, dass sie dem Urtexte des Swsp., beziehungsweise nach v. D. dem gemeinsamen Ausgangspunkte unserer Hss. vierter Hand schon ziemlich fern stehen muss. Zur Vermittlung einer solchen Einsicht bot die Ausgabe Wackernagels, deren Werth doch nicht einzig nach dem Werthe des Grundtextes zu bemessen sein wird (vgl. v. D. Dsp. 155), schon lange die genügendsten Hülfsmittel; und hätte sich H. v. D. dadurch, dass ich von der Priorität des Ssp. und Dsp. ausgehe, nicht abhalten lassen, das durchzusehen, was ich über die verschiedenen Formen des Swsp. mittheile, so würde er darin auch manches von der Prioritätsfrage ganz unabhängige Argument gegen die Autorität der Lassb. Hs. gefunden haben.

Jedenfalls ist das rasche Auseinandergehen der Formen des Swsp. schon an und für sich eine so auffallende Thatsache, dass wir uns kaum bedenken dürfen, die Annahme von weitern drei verlornen Vorstufen ohne gleichzeitige Zurückschiebung des Terminus a quo in das Gebiet des Unmöglichen zu verweisen.

Aber selbst die Möglichkeit der Existenz solcher einfacherer Formen oder Vorstufen des Swsp. zugegeben, wo haben wir denn irgend eine Gewähr dafür, dass sie wirklich existirt haben? und zugegeben, sie haben existirt, dass sie so existirt

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_022.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)