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Kriterien der Beweisführung bereits erzielt ist. In den Schriften des H. v. D. finde ich nun einzelne Beweismittel angewandt, von deren Zulässigkeit ich mich nicht überzeugen kann. Ich hebe einige derselben hervor; wird ihre Unzulässigkeit im allgemeinen oder doch im besondern Falle anerkannt, so fällt schon dadurch die Argumentation des Gegners, soweit sie sich darauf stützt; wird sie nicht anerkannt, so scheint mir überhaupt eine Einigung der Ansichten nicht möglich.

1. Unzulässig erscheint mir vor allem, dass v. D. seine Beweisführung nicht auf die Gestalt des Swsp. gründet, welche uns in den Handschriften vorliegt, sondern von einem rein hypothetischen Schwabenspiegel ausgeht, indem er annimmt, dass das Rechtsbuch uns auch in den ältesten und besten vorhandenen Hss. nur vorliege reichlich vermehrt mit Zusätzen einer zweiten, einer dritten und selbst einer vierten Hand, indem er weiter diese angeblichen Zusätze ausscheidet und den sich herausstellenden Rest als die eigentliche Grundlage der Beweisführung betrachtet. Beispiele gibt neben den frühern Schriften jetzt v. D. Dsp. 9. 88.

Läge uns der Swsp. etwa nur in einer einzigen Hs. vor und zwar in einer Hs., welche geraume Zeit nach der sich aus dem Inhalte ergebenden Entstehungszeit des Werkes selbst geschrieben wäre, würde es sich etwa unmöglich zeigen, diesen Swsp. aus dem Ssp. abzuleiten, während andererseits eine Ableitung des Ssp. aus der jetzt vorliegenden Form des Swsp. unstatthaft scheinen müsste, so möchte gegen den Versuch, auf Grundlage einer solchen Hypothese den Zusammenhang der Texte der Rechtsbücher zu entwickeln, kaum etwas einzuwenden sein, es sei denn die überaus geringe Hoffnung auf genügenden Erfolg bei Anwendung einer Hypothese, bei welcher dem subjektiven Ermessen ein so freier Spielraum gelassen ist. Es wäre aber ein solches Vorgehen statthaft, weil beim Vorliegen nur einer oder doch weniger später und nächstverwandter Hss. eine vergleichende Kritik von vornherein ausgeschlossen und das Feld für die Konjektur frei sein würde.

Dagegen dürfte nun, soll die Textkritik nicht jeden festen Boden verlieren, vor allem daran festzuhalten sein, dass die

Empfohlene Zitierweise:
Julius von Ficker: Über die Entstehungszeit des Sachsenspiegels und die Ableitung des Schwabenspiegels aus dem Deutschenspiegel. Innsbruck: Verlag der Wagnerschen Buchhandlung, 1859, Seite 15. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ficker_Entstehung_Sachsenspiegel_019.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)