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werde. Weder greift der Pfarrer dem Lehrer in sein Amt und Recht, besonders auf dem Gebiet der Disciplin, noch greift der Lehrer dem Pfarrer in’s Amt, indem er mit dem Schüler beichtväterlich handeln will. Suum cuique. Einer dient dem Andern mit seiner Gabe, nimmt ihm aber nichts von seinem Rechte. –

 2. Ich fahre fort, und nenne die zweite Veranstaltung, die ein solches Zusammenwirken erfordert. Es ist auf Seiten des Lehrers eine im Einvernehmen mit dem Pfarrer eingerichtete, genau geführte Censurliste. Diese muß aber so beschaffen sein, daß sie alles Wichtige, was im Schulleben im Einzelnen sich begibt, enthält; jede Belobung oder Bestrafung sollte bei jedem Schüler angemerkt sein; Trägheit und Ungehorsam, Lüge und Unredlichkeit, unzüchtiges und unkeusches Wesen, geheime Sünden, müssen mit besonderem Fleiße angemerkt werden; auch dann, wenn es nicht bestraft worden sein sollte. Thatsachen reden. Das Urtheil wird weniger vag, wenn es auf Thatsachen sich gründet, und ein jeder Lehrer hat Ursache, sich in seinem Urtheil selber zu mißtrauen, denn es bleibt nicht aus, daß sich Sympathieen und Antipathieen entwickeln, daß diese auf das Gedächtniß für die guten und schlimmen Seiten einwirken und das Urtheil trüben. Davor bewahrt die genau geführte Censurliste. Sie gewährt dem Lehrer ein objectives Urtheil und er kann dann auch dem Pfarrer auf Befragen mit der strengsten Wahrheit dienen.

 Die Führung der Censurlisten soll dann aber auch noch dasjenige einschließen, was dem Lehrer auf anderem Wege über die Einzelnen zukommt, als auf dem unmittelbarer Wahrnehmung in der Schule, also was der Verkehr mit der Außenwelt ergibt, damit seine Aufzeichnungen sich möglichst zu einem Totalbilde gestalten. Die Aufzeichnungen sind ganz private; sie sollen ihn zu jeder Zeit über den Schüler orientiren, sie sind also nicht mit den disciplinären Censuren zu verwechseln. Zu solchen Aufzeichnungen gehören ja z. B. auch Vormerkungen über die Wanderung in fremde Pfarreien, um da zu dienen, über die Censuren, die die Schüler von dort zurückbringen etc. Dabei kann nicht von disciplinären Zwecken im polizeilichen Sinn die Rede sein, sondern solche Aufzeichnungen dienen, wie gesagt, lediglich zur fortgehenden Orientirung über die geistige und geistliche Entwicklung der Jugend.

 Solche Censurlisten oder pädagogische Tagebücher, wenn sie recht fleißig fortgeführt würden, dürften so viel Interesse gewähren und