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einer auf die Seelsorge gerichteten Thätigkeit, welche er in Gemeinschaft mit einem Anderen vollbringt, zu seiner seelsorgerlichen Mitarbeit als Helfer des Pfarrers.

 Diese Mitarbeit ist in ihrer Wichtigkeit nicht genug erkannt; aber auch da, wo man sie erkannt, stellen sich ihr leider nicht selten persönliche Hindernisse entgegen. Bald ist der Pfarrer zu stolz, sich helfen zu lassen, bald dünkt sich der eitle Lehrer in seiner Würde gekränkt, wenn er wie er meint, solche „Bütteldienste“ thun soll. Aber beide, Lehrer und Pfarrer, sollten alle kleinlichen Gedanken da niederlegen, wo es gilt mit vereinter Kraft Seelen zu gewinnen, welche Christus mit seinem Blut erkauft hat. Sich selbst vergessend sollten sie beide allein an das heilige Werk denken, und so zusammenwirken, mit der Gabe, die einem Jeden verliehen ist. Ermuntern wir uns und unsere Lehrer zu diesem selbstverleugnenden Dienste und erflehen wir uns vom HErrn, daß wir in diesem Dienste uns vereinigen – zur Ehre Seines Namens.

 Wenn ich, theure und verehrte Brüder, Ihr Interesse für den Gegenstand unsrer Betrachtung mir gesichert habe, so lassen Sie mich an die Sache gehen, und das, was ich vorzutragen habe, unter die zwei Gesichtspunkte fassen:

1) Wozu können Lehrer und Pfarrer in der Seelsorge an der Jugend zusammen wirken?
2) Welche Veranstaltungen sind zu diesem Zusammenwirken nöthig?


1.

 1. Es ist uns Allen bekannt, daß die erste Bedingung der Seelsorge die ist, daß man diejenigen gründlich kenne, denen man seelsorgerlich näher treten will. Und zwar sage ich gründlich müsse man sie kennen. Die Persönlichkeit so wie sie leibt und lebt, ist das Produkt vieler Faktoren. Es gehört viel dazu, einen Menschen, einen Schüler gründlich zu kennen. Einen Theil der Kenntniß gewinnt der Pfarrer nun als solcher, ohne daß er der Beihülfe eines Anderen bedarf. Er kennt Vater und Mutter, er kennt somit die Herkunft des Schülers, gewissermaßen den Boden, auf dem er gewachsen, die Einflüsse, unter denen er aufgewachsen ist. Damit hat er ein gutes Stück der nöthigen Erkenntniß, aber ein anderes fehlt ihm, und dieses kann ihm der Lehrer reichen. Der Schullehrer ist mit dem Kinde seit sechs Jahren tagtäglich umgegangen; wenn er nur einigermaßen