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über die Hüften reichend oder auch in eine lange Schleppe auslaufend. Wurde schon der gewöhnliche Mantel bei Unwetter über dem Haupte zusammengeschlagen, so gab es noch Kapuzenmäntel aus Loden, welche, die ganze Gestalt bis an die Sohlen verhüllend, eben in einer spitzen Kapuze endeten und sogar zur Bedeckung des Gesichtes eine Larve von starkem, steifem Tuch enthielten, lediglich für die Augen Oeffnung bietend, an Stirn, Hals, Wangen und Seiten fest genäht und geknöpft. Solche Vermummung trug man nicht nur bei winterlicher Fahrt, sondern auch als Flüchtling, Verbannter, Späher oder geheimer Bote.

 Die Handschuhe von Hirschleder oder Tuch hatten anfangs nur einen Däumling und erhielten die vier anderen Fingerlinge erst später.

 Als Kopfbedeckung diente ein Linnentuch, vornehme Frauen trugen einen hohen, aus mehreren glänzend weißen Tüchern hergestellten Aufsatz, „Faldr“, gefaltet, turbanähnlich oder auch nach oben gebogen, hornähnlich, wie in Deutschland im späten Mittelalter. Die Haube, ursprünglich wie die Spindel ein Symbol des Weibes, ward später auch von Männern getragen. Man trieb reichen Luxus in der Feinheit der Stoffe von Leinwand und Edelpelzen (Bärenhauben, Graufell).

 Zum Schlusse ein Wort über Tracht und Farbe des Haares. Bei den Sueben trugen Frauen und Männer das Haar zurückgekämmt und auf dem Wirbel in einem Knoten zusammengebunden, der den Schweifbüschel über den Rücken herabfallen ließ. Das lang wallende Haupthaar galt bei beiden Geschlechtern als Zeichen der Freiheit und der Ehre. Der Verknechtete, der Verbrecher, das Weib, das ihre Ehre eingebüßt, wurden geschoren. Eine Ehrenstrafe und zugleich sehr schmerzende Strafe, dem Brandmal gleich und wie dieses zugleich vor dem Gekennzeichneten warnend, war das „turpiter decalvari“ bei Westgothen und Vandalen, wobei die obere Stirnhaut sammt den darauf stehenden Haaren nach einem Einschnitt herausgerissen ward.

 Langes, volles, wallendes, gelocktes Haar galt als hohe Zier für Männer wie für Frauen. Die am meisten geschätzte blonde oder auch rothe Farbe ward durch beizende Salben gesteigert; im vierten Jahrhundert werden heerende Alamannen an der Mosel gelagert, überfallen, während sie zechen, baden, ihr langes Haar strählen und salben. Braun wurden Gothen und Langobarden geschildert, einer Folge ihrer Vermischung mit Italienern und Spaniern. Sigfrid von Niederland als Fremdling, ist nicht blond, sondern braun (und doch ist auch er Germane, ja ursprünglich Baldur, also doch wohl blond). Schwarzes Haar, als volksfremd und finster, als feindlichen Sinn drohend, galt für häßlich. Die Männer trugen das Haar lang, manchmal bis über die Schulter wallend, aber nicht gelockt, was für weibisch angesehen wurde. Bei Schilderung eines schönen Weibes wird nie das lange weiche Haar vergessen.

 Kraka war aller Mädchen schönstes. Ihre Flechten reichten bis auf die Erde; sie waren weich und glänzend, wie schimmernde Seide.“ „Hallgard, die hochgewachsene, vermochte sich ganz in ihre Locken einzuhüllen.“ Auch eine nordische Isolde wird erwähnt, die durch ein einziges Haar in weiter

Empfohlene Zitierweise:
Felix Dahn: Das Weib im altgermanischen Recht und Leben. Verlag des Deutschen Vereines zur Verbreitung gemeinnütziger Kentnisse in Prag, Prag 1881, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Felix_Dahn_-_Das_Weib_im_altgermanischen_Recht_und_Leben_-_12.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)