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einen solchen Schleier hüllten, da er als Braut, an Freya’s Statt, dem getäuschten Riesen zugeführt ward. So hoch war die Linnentracht gewerthet, daß ein Meermännlein auf die Frage, was ihm vom Menschenleben am besten gefallen habe, antwortete: „Wasser für die Augen, Fleisch für die Zähne, Linnen für die Glieder.“ Minder geschätzt ward Hanfleinen - Ende des dreizehnten Jahrhunderts wie fünf zu zwölf. Baumwolle gelangte erst durch die Araber nach Europa. Seide war von den Chinesen schon den Römern zugegangen, aber der kostbare Stoff kam wohl höchst selten zu den Germanen über den Rhein.

 An Farben des Kleides werden, außer Schwarz und Grau, Grün und Weiß für geringere Gewänder erwähnt, Roth, Rothbraun für feinere Tracht; Roth aber ist Hoftracht. Blau kleideten sich gern die Männer; einen dunkelblauen, glänzenden Rock trägt nach dem Edda-Liede, welches die verschiedenen Stände nach Lebenssitte und Erscheinung schildert (Rigsmâl), auch die Mutter des Edlen, des Jarls (des Kleinfürsten).

 Die Skyrta, bei den Frauen auch serkr genannt, war ein Untergewand von Leinwand; im Hause ging man wohl auch lediglich mit diesem Hemde bekleidet. Die Ehebrecherin ward entkleidet bis auf den serkr, der auch nach hinten abgeschnitten ward, so daß sie, von dem Gemahl aus dem Hause gejagt, nur eine Art Schürze zur Bedeckung behielt. In der Nacht ward der serkr anbehalten oder mit einem besonderen Nachthemde vertauscht. Der obere Bund des serkr wurde mit bunter Färbung, mit Stickerei, wohl auch mit Gold und Gestein geschmückt. Der Ausschnitt, durch welchen man das Haupt steckte, durfte bei Männern nicht so weit, wie bei den Frauen sein; sonst galt das für ein „Weiberhemd“, und die Ehefrau konnte Scheidung verlangen von einem solchen „Weib-Mann“, wie umgekehrt der Mann von einem „Mann-Weib“, d. h. einer Frau, welche Hosen nach Männerzuschnitt anlegte. Denn im Norden wenigstens trugen auch die Frauen Hosen. Dieses Kleidungsstück war aus zwei Bestandtheilen zusammen gesetzt. Von den Hüften bis zum Knie reichte „die Bruch“, vom Knie zu den Knöcheln „die Hose“ im engeren Sinne, auch „Beinhose“ genannt, unseren Strümpfen entsprechend. Doch trug man auch Bruch und Hose aus Einem Stück, dem oft noch Socken angefügt waren, welche den Fuß von der Ferse bis zu den Zehennägeln umschlossen. Ein Unter-Gürtel hielt um die Hüften die Bruch zusammen, die aber nur bei Männern hinten durch eine Naht geschlossen war. Wie alle Unterkleider, war die Bruch von Leinewand; nur bei sehr harter Kälte, auf See und von den Männern im Krieg wurden Loden-Bruche getragen. Häufiger als die Bruch war die Hose von Tuch oder auch von Geiß-, Rinds- oder kostspieligem, schwarzen Bock-Leder; als Farben der Hose liebte man Roth, auch Braun oder Blau; geringere waren linnen-weiße oder tuch-schwarze. Die unteren Enden der Hose liefen, später wenigstens, in zwei oder vier Zipfel aus, die um den Knöchel geschlungen und festgeknüpft wurden.

 Barfuß gingen nur Unfreie und ganz Arme. Der Schuh war aus Leder nach dem Fuße geschnitten und ward durch lange Riemen nicht nur

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Felix Dahn: Das Weib im altgermanischen Recht und Leben. Verlag des Deutschen Vereines zur Verbreitung gemeinnütziger Kentnisse in Prag, Prag 1881, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Felix_Dahn_-_Das_Weib_im_altgermanischen_Recht_und_Leben_-_10.png&oldid=- (Version vom 31.7.2018)