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Wie alles sich zum Ganzen webt,
Eins in dem andern wirkt und lebt!
Wie Himmelskräfte auf und nieder steigen

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Und sich die goldnen Eimer reichen!

Mit segenduftenden Schwingen
Vom Himmel durch die Erde dringen,
Harmonisch all’ das All durchklingen!

      Welch Schauspiel! aber ach! ein Schauspiel nur!

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Wo faß’ ich dich, unendliche Natur?

Euch Brüste, wo? Ihr Quellen alles Lebens,
An denen Himmel und Erde hängt,
Dahin die welke Brust sich drängt –
Ihr quellt, ihr tränkt, und schmacht’ ich so vergebens?

Er schlägt unwillig das Buch um, und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.

460
Wie anders wirkt dieß Zeichen auf mich ein!

Du, Geist der Erde, bist mir näher;
Schon fühl’ ich meine Kräfte höher,
Schon glüh’ ich wie von neuem Wein,
Ich fühle Muth, mich in die Welt zu wagen,

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Der Erde Weh, der Erde Glück zu tragen,

Mit Stürmen mich herumzuschlagen,

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie erster Teil. Tübingen: Cotta. 1808, Seite 38. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_I_(Goethe)_038.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)