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Allein sie haben schrecklich viel gelesen.
Wie machen wir’s? daß alles frisch und neu
Und mit Bedeutung auch gefällig sey.
Denn freylich mag ich gern die Menge sehen,

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Wenn sich der Strom nach unsrer Bude drängt,

Und mit gewaltig wiederholten Wehen,
Sich durch die enge Gnadenpforte zwängt;
Bey hellem Tage, schon vor Vieren,
Mit Stößen sich bis an die Kasse ficht

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Und, wie in Hungersnoth um Brot an Beckerthüren,

Um ein Billet sich fast die Hälse bricht.
Dieß Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
Der Dichter nur; mein Freund, o! thu es heute.

Dichter.
O sprich mir nicht von jener bunten Menge,

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Bey deren Anblick uns der Geist entflieht.

Verhülle mir das wogende Gedränge,
Das wider Willen uns zum Strudel zieht.
Nein, führe mich zur stillen Himmelsenge,
Wo nur dem Dichter reine Freude blüht;

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Wo Lieb’ und Freundschaft unsres Herzens Segen

Mit Götterhand erschaffen und erpflegen.

Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie erster Teil. Tübingen: Cotta. 1808, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_I_(Goethe)_010.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)