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     Züngelnd lichte Blitze steigen
11325
     Zwischen Blättern, zwischen Zweigen;

     Aeste dürr, die flackernd brennen,
     Glühen schnell und stürzen ein.
     Sollt ihr Augen dieß erkennen!
     Muß ich so weitsichtig seyn!

11330
     Das Capellchen bricht zusammen

     Von der Aeste Sturz und Last;
     Schlängelnd sind, mit spitzen Flammen,
     Schon die Gipfel angefaßt.
     Bis zur Wurzel glühn die hohlen

11335
     Stämme, purpurroth im Glühn.

     (Lange Pause, Gesang.)
     Was sich sonst dem Blick empfohlen,
     Mit Jahrhunderten ist hin.

Faust
(auf dem Balkon, gegen die Dünen).
Von oben welch ein singend Wimmern?
Das Wort ist hier, der Ton zu spat,

11340
Mein Thürmer jammert; mich, im Innern,

Verdrießt die ungeduldige That.
Doch sey der Lindenwuchs vernichtet,
Zu halbverkohlter Stämme Graun,
Ein Luginsland ist bald errichtet,

11345
Um in’s Unendliche zu schaun.

Da seh’ ich auch die neue Wohnung,
Die jenes alte Paar umschließt,
Das, im Gefühl großmüthiger Schonung,

Der späten Tage froh genießt.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie zweiter Teil. Tübingen 1832, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_II_(Goethe)_310.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)