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Palast.
Weiter Ziergarten, großer gradgeführter Canal

.



Faust (im höchsten Alter wandelnd, nachdenkend).


Lynceus der Thürmer

(durch’s Sprachrohr).
Die Sonne sinkt, die letzten Schiffe
Sie ziehen munter hafenein.

11145
Ein großer Kahn ist im Begriffe

Auf dem Canale hier zu seyn.
Die bunten Wimpel wehen fröhlich,
Die starren Masten stehn bereit,
In dir preis’t sich der Bootsmann selig,

11150
Dich grüßt das Glück zur höchsten Zeit.

(Das Glöckchen läutet auf der Düne.)

Faust (auffahrend).
Verdammtes Läuten! Allzuschändlich
Verwundet’s, wie ein tückischer Schuß;
Vor Augen ist mein Reich unendlich,
Im Rücken neckt mich der Verdruß,

11155
Erinnert mich durch neidische Laute

Mein Hochbesitz er ist nicht rein,
Der Lindenraum, die braune Baute,
Das morsche Kirchlein ist nicht mein.
Und wünscht’ ich dort mich zu erholen,

11160
Vor fremden Schatten schaudert mir,

Ist Dorn den Augen, Dorn den Sohlen,

O! wär’ ich weit hinweg von hier!
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie zweiter Teil. Tübingen 1832, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_II_(Goethe)_302.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)