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Ach! schon verrückt sich’s! Formlos breit und aufgethürmt,

Ruht es in Osten, fernen Eisgebirgen gleich,
Und spiegelt blendend flüchtiger Tage großen Sinn.

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Doch mir umschwebt ein zarter lichter Nebelstreif

Noch Brust und Stirn, erheiternd, kühl und schmeichelhaft.
Nun steigt es leicht und zaudernd hoch und höher auf,
Fügt sich zusammen. – Täuscht mich ein entzückend Bild,
Als jugenderstes, längstentbehrtes höchstes Gut?

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Des tiefsten Herzens frühste Schätze quellen auf,

Aurorens Liebe, leichten Schwungs, bezeichnet’s mir,
Den schnellempfundnen, ersten, kaum verstandnen Blick,
Der, festgehalten, überglänzte jeden Schatz.
Wie Seelenschönheit steigert sich die holde Form,

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Lös’t sich nicht auf, erhebt sich in den Aether hin,

Und zieht das Beste meines Innern mit sich fort.

Ein Sieben-Meilenstiefel (tappt auf).

Ein Anderer folgt alsbald.

Mephistopheles (steigt ab).

Die Stiefel schreiten eilig weiter.

Mephistopheles.
Das heiß’ ich endlich vorgeschritten!
Nun aber sag’, was fällt dir ein?
Steigst ab in solcher Gräuel Mitten,

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Im gräßlich gähnenden Gestein?

Ich kenn’ es wohl, doch nicht an dieser Stelle,

Denn eigentlich war das der Grund der Hölle.
Empfohlene Zitierweise:
Johann Wolfgang von Goethe: Faust - Der Tragödie zweiter Teil. Tübingen 1832, Seite 252. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Faust_II_(Goethe)_252.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)