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IX. Erik II., Kanut, Frotho VI. 435


seinem Todesgeschicke erhielt, und niemand sie dem Gorm unverhüllt mitteilen wollte, da deckte sie sich durch eine List und deutete ihm das Missgeschick, das sie mit Worten zu künden sich scheute, durch eine Handlung an. Sie zog nämlich ihrem Gemahle das königliche Gewand aus und kleidete ihn mit einem schlechten, legte ihm auch noch andere Abzeichen des Schmerzes an, um ihm anzudeuten, dass er Grund zur Trauer habe, weil die Alten derartiges bei den Leichenbegängnissen anzulegen pflegten, um ihren bittern Schmerz durch schlechte Kleidung kund zu geben. Da sagte Gorm: „Kündest Du mir Kanuts Todesgeschick?“ Thyra entgegnete: „Das offenbart Dein vorahnendes Wort zuerst, nicht unseres.“ Mit diesem Worte brachte sie dem Gemahle den Tod und sich selbst den Witwenstand; so musste sie zu gleicher Zeit um den Mann und um den Sohn klagen; während sie also dem Lebenden das Geschick des Sohnes kund machte, gesellte sie den einen dem andern im Tode bei, und mit gleichen Thränen die Bestattung beider begleitend widmete sie diesem die Klage als Eheweib, jenem die Klage als Mutter, und doch hätte sie damals durch Tröstung aufgerichtet, nicht durch neuen Verlust gebeugt werden müssen.

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 435. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_445.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)