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388 Achtes Buch.


zu bringen, denn er trachtete mit allen Kräften seines Witzes danach, ihre Selbstbeherrschung zu brechen. Dem Könige bot er eine Tochter zur Frau an, den andern versprach er zu überlassen, welche von den Dienerinnen sie haben wollten. Die meisten waren mit dem Vorschlage einverstanden, aber Thorkill behütete sie, wie in den anderen Fällen, durch seine heilsame Mahnung davor, in die Falle zu gehen; in vortrefflicher Verteilung seiner Thätigkeit zeigte er sich bald als vorsichtigen Gast, bald als heiteren Tischgenossen. Vier der Dänen nahmen das Anerbieten an, die schnöde Lust überwand in ihnen die Sorge für ihr Wohl. Die unreine Berührung machte sie wahnwitzig und vernunftlos und raubte ihnen die Erinnerung an ihr früheres Leben; sofort nach der That sollen sie nicht mehr bei Sinnen gewesen sein. Wenn sie ihre Aufführung in den gebührenden Grenzen der Besonnenheit gehalten hätten, so würden sie den Ruhm des Herkules erreicht, die Stärke der Riesen durch ihre Standhaftigkeit überragt und für immer im Vaterlande die hohe [289] 289Ehre genossen haben, wunderbare Thaten vollbracht zu haben. Guthmund, der auch jetzt noch sein Ziel unverrückt im Auge behielt und sie mit List versuchte, pries die Genüsse seines Gartens und bemühte sich, den König dahin zu locken, damit er von den Früchten koste; denn durch den verführerischen Anblick und den schönen, verlockenden Geschmack wünschte er die standhafte Vorsicht zu nichte zu machen. Gegen diese Hinterlist durch Thorkill, wie früher, gefestigt, ging der König auf das höfliche, aber unehrliche Anerbieten nicht ein; er entschuldigte seine Ablehnung mit der Notwendigkeit, die Reise schleunigst fortzusetzen. Da Guthmund sah, dass seine List in allen Stücken der Klugheit des Fremden unterlegen war, so gab er die Hoffnung auf, mit seinem Truge etwas zu erreichen, schaffte alle auf das andere Ufer des Flusses und liess sie ihren Weg weiterziehen.

Auf ihrem ferneren Wege sahen sie eine schwarze, wüste Stadt nahe vor sich, ähnlich einer dampfenden Wolke. Pfähle, zwischen die Bollwerke eingestreut, trugen abgeschnittene Menschenköpfe. Hunde erblickte man, ungemein wild, wie

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 388. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_398.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)