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378 Achtes Buch.


verbotene Nass leckte er Tropfen für Tropfen und genügte so seinem Drange nach einem tüchtigen Rausche. Deshalb vom Könige zur Rede gestellt, behauptete er, er habe die Vorschrift der Mässigkeit genau beobachtet, da er ja seine Gier zu trinken durch seine Erfindung des gemässigten Zusichnehmens unterdrückt habe und beharrte dabei, das ihm beigelegte Vergehen zu bestreiten: er habe ja nur geleckt und geschlürft. Obschon ihm nun unter schwerer Bedrohung nicht allein zu trinken, sondern auch leckend zu schlürfen verboten wurde, konnte er doch seine Gewohnheit nicht meistern. Um den verbotenen Genuss sich in scheinbar erlaubter Weise zu verschaffen und seine Kehle nicht unter das Joch eines fremden Ermessens zu beugen, machte er kleine Stücke von Brotrinde mit Bier nass, ass die Bissen, wenn sie die Flüssigkeit tüchtig eingesogen hatten, und erzeugte so den gewünschten Rausch durch zäh ausdauerndes Zusichnehmen: so versetzte er sich in den Zustand der Völligkeit, ohne gegen den Wortlaut des Verbotes zu fehlen. Der unwiderstehliche Durst der Kehle, der ihn das Leben für die Schwelgerei einsetzen und selbst durch die Drohung des Königs sich nicht abschrecken liess, trieb das sinnlose Verlangen dahin, jede Gefahr kühn zu verachten. Wiederum wurde er von dem Könige zur Rede gestellt wegen der Verletzung des Gebotes. Aber auch jetzt verzichtete er nicht auf eine Verteidigung: er behauptete, er habe keineswegs gegen die königliche Verordnung gefehlt, noch sei die durch den Erlass vorgeschriebene Masshaltung durch Genusssucht von seiner Seite verletzt: das gegebene Mässigkeitsgesetz habe die Form der Enthaltung in einer Weise vorgeschrieben, dass zwar offenbar die Erlaubnis die Flüssigkeit zu trinken entzogen werde, nicht aber, sie zu essen. Da schwur der König unter Anrufung der Götter bei dem allgemeinen Wohle, er werde es mit dem Leben büssen, wenn er sich weiter Ähnliches herausnähme. Aber der Mann mit der durstigen Kehle hielt den Tod für ein geringeres Übel als die Nüchternheit, und das Leben zu lassen für noch erträglicher als sich den Genuss zu versagen; er kochte die Frucht wieder ohne Hehl in Wasser und liess es gären. Da

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 380. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_390.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)