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VIII. Starkather. 361


Welches das Alter uns baut, das ein Ende der Dinge uns bringet.
Augen und Füsse der Menschen macht schwach und müde das Alter,
Raubet den Helden den Blick und den Mut, drückt mählich ins Dunkel
Glänzende Strahlen des Ruhms, wischt uns ihre leuchtenden Thaten,

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Lässt mit Gewalt hinsterben die Glieder und machet die Stimme

Keuchen und nimmt seine Frische dem regsamen Geiste des Menschen.
Dann stellt Husten sich ein, dann juckt uns die Haut von der Krätze,
Dann stockt hohl uns der Zahn, und der Magen erzeuget uns Ekel,
Schönheit der Jugend muss schwinden, die schneeige Frische der Glieder

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Welket dahin, und die dunkele Haut überzieht sich mit Runzeln.

Treffliche Gaben zermalmet das Alter, Denkmäler der Thaten
Stürzt es und löschet mit sengendem Hauche die Zeiten des Ruhms aus;
Kräfte des Körpers zerstört es, der Tapferkeit Kern und Verwendung
Frisst es mit Gier, und alles verkehrt es und wirret die Ordnung.

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Ich auch habe erfahren die Macht und die Schäden des Alters,

Blöd ist das Auge, und rauh ist die Brust mit den Lauten der Stimme;
Alles, was einst mich erfreut, hat in trauriges Los sich verkehret.
Aufrecht hält sich der Körper nicht selbst, er bedarf nun der Stütze,
Mühsam lehn’ ich die schlotternden Glieder auf haltende Stöcke,
[270] 270Lenke, des Lichts beraubt, meine Schritte mit zwiefachem Stecken,
Folge der kürzenden Windung des Steigs, wie der Stab sie mir zeiget,
Traue der Weisung des Stocks jetzt mehr als dem Lichte der Augen.
Keiner erbarmet sich mein, und keiner will trösten den Alten,

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Keiner im Haufen des Volks, es sei denn, dass Hather erscheinet,

Dass er mich stützet und Hilfe gewährt dem gebrochenen Freunde:
Denn wen jener einmal seiner redlichen Liebe gewürdigt,
Dem weiht, ohne zu wanken, er stets seine gleiche Verehrung,
Wie im Beginn, und er scheut zu zerreissen die früheren Bande.

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Jener erteilet auch allen, die Dienste im Kriege geleistet,

Würdigen Lohn und achtet den Mut, stets schenkt er den Helden
Ehre und zeigt seinen Dank mit Geschenken den tapferen Freunden.
Fort schenkt jener den Schatz und müht sich den Glanz seines Ruhmes
Eifrig zu mehren durch offene Hand vor vielen Gebietern.

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Gleich gross ist er im Krieg, und die Streitkraft gleichet der Milde.

Fertig zu schreiten zum Kampf, doch zur Flucht faul, zücket das Schwert er
Hurtig, dem drängenden Feind weiss nie er den Rücken zu bieten.
Mir aber, acht’ ich, bei meiner Geburt hat beschieden das Schicksal
Kriege zu suchen, im Kriege zu sterben, den Kampf zu erwecken,

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Stets in den Waffen zu wachen, ein Leben im Blute zu führen.

Ruhelos hab’ ich im Lager gelebt; stets hasst’ ich den Frieden;
Unter den Fahnen des Mars, mit steter Gefahr für das Leben[1],


  1. Die Worte (wiederholt 27212) weisen auf die schweren Wunden hin, die St. in seinen Kämpfen erhielt.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 361. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_371.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)