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304 Siebentes Buch.


versucht habe, dem solle sofort der Kopf abgeschlagen und auf einen Pfahl gesteckt werden. So dämpfte das für die Keckheit aufgestellte Schreckbild die Erregung der Gemüter unter den jungen Männern. Alf aber, der Sohn des Sigar, meinte, das Wagnis werde um so mehr Ruhm bringen, als es mit grosser Gefahr verknüpft wäre und trat als Freier auf; er wurde darauf angewiesen, die neben dem Gemache der Jungfrau Wache haltenden Tiere zu besiegen, weil auf Grund des Erlasses nur ihrem Besieger die Hand der Jungfrau zukomme. Um deren Wut noch mehr gegen sich zu erregen, bedeckte er sich mit einem blutigen Felle. Als er, mit diesem angethan, an die Thür der Umzäunung kam, stiess er der Viper einen glühenden Stahl, den er mit einer Zange gefasst hatte, tief in den aufgesperrten Rachen und streckte sie leblos nieder. Dann schleuderte er der Schlange, die in Ringeln auf ihn anrückte, seinen Speer in das weitgeöffnete Maul und tötete sie. Als er nun nach der Bestimmung der Verabredung das an den Sieg geknüpfte Pfand forderte, sagte Siward: der wäre ihm als Schwiegersohn angenehm, auf den seine Tochter ihre feste Wahl nach freiem Entschlusse lenke. Da aber allein die Mutter des Mädchens die Bewerbung des Freiers heikel aufnahm, so erforschte sie den Sinn der Tochter in einem heimlichen Gespräche. Als die Tochter den Freier wegen der bewiesenen Tapferkeit eifrig lobte, da schalt sie sie in heftigen Worten scharf aus, dass sie sich unter Brechung der Kraft der Keuschheit durch den Köder von schönen Formen fangen lasse und, ohne ihre Tugend in Rechnung zu ziehen, schmeichelnden Lockungen der Schönheit einen Blick schenke, der aus einem leichtfertigen Herzen komme. So wurde Alwild bewogen, den dänischen Mann zurückzuweisen, vertauschte ihre Frauentracht mit der männlichen und wurde aus einer schamhaften Jungfrau ein wilder Wiking. Sie zog noch mehrere Jungfrauen von gleicher Sinnesart in ihre Nähe und kam zufällig an einen Ort, wo eine Schar Wikinger den Tod ihres im Kampfe gefallenen Anführers beklagten. Von diesen wurde sie wegen ihrer schönen Gestalt zur Anführerin auf dem Seezuge gewählt und vollbrachte

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 304. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_314.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)