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294 Siebentes Buch.


Freiheit vorziehen und lieber sterben, denn dienen, damit er nicht aus Liebe zum Leben aus einem Freien ein Knecht zu werden schiene oder den mit neuem Lehnsdienst ehren müsse, dem er soeben noch an Rang gleichgestellt gewesen wäre. [221] 221So wenig versteht sich die Tüchtigkeit dazu, das Leben mit Einbusse an Ehre zu erkaufen. Er wurde also gebunden und an einen Ort geschafft, wo die wilden Tiere ihren Wechsel hatten; dort fand er ein Ende, das so grosser Sinneshoheit nicht gebührte.

So war Haldan Herr zweier Reiche geworden und zierte seinen hohen Ruhm mit drei Stufen der Ehre: er war gewandt in der Dichtung von Liedern nach heimischer Weise, er ragte hervor als tüchtiger Kämpfer und ragte hervor als mächtiger König. Als er hörte, dass zwei thatkräftige Wikinger, Toko und Anundus, die umliegenden Länder bedrängten, griff er sie in einem Seekampfe an und besiegte sie. Denn nach nichts meinten die Alten mehr streben zu müssen, als nach einer Berühmtheit, die nicht glänzende Schätze, sondern tüchtige Waffenthat verschafft. Daher richteten einst die vornehmsten Männer ihren Sinn darauf, Unruhe zu stiften, Streit anzurichten, Ruhe zu verschmähen, dem Frieden eine Kriegsfahrt vorzuziehen, nach der Tapferkeit, nicht nach dem Besitze geschätzt zu werden, ihr grösstes Vergnügen am Kampfe, geringes in Schmausereien zu suchen.

Jedoch nicht lange liess ein Nebenbuhler für Haldan auf sich warten. Ein gewisser Sywaldus nämlich, aus vornehmem Hause stammend, erinnerte in einer Volksversammlung der Schweden in kläglicher Rede an das Ende des Frotho und seiner Gemahlin[1] und erweckte in fast allen einen solchen Hass gegen Haldan, dass ihm durch die Stimmen der Mehrzahl die Macht übertragen wurde, einen Abfall ins Werk zu setzen. Und nicht zufrieden mit dem Beifall durch blosse Worte, gewann er den Sinn des Volkes durch die Künste der Bewerbung derartig, dass er beinahe aller Hände dazu bestimmte, ihm die Königskrone aufs Haupt zu setzen. Er


  1. 21836–40
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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_304.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)