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VII. Frotho V. 289


hierhin und dorthin. Als nun die Kleinen geholt werden sollten und nicht gefunden wurden, da wurden die hingestreuten Gliedmassen entdeckt, die Spuren der wilden Tiere aufgewiesen und die Erde mit Blut gedrängt in Augenschein genommen. Es wurde geglaubt, dass die Knaben von gierigen Wölfen gefressen wären, und niemand durfte einen so klaren Nachweis der Zerreissung anzweifeln. Die Überzeugungskraft dieses Schaustücks rettete die Pflegebefohlenen. Sie wurden darauf von ihren Hütern in eine hohle Eiche eingeschlossen und lange wie Hunde aufgezogen, damit kein Anzeichen von ihrem Leben gegeben würde; es wurden ihnen auch Hundenamen gegeben, damit kein Gerücht davon entstehe, dass sie versteckt gehalten wurden. Nur Frotho glaubte nicht an ihren Tod und machte sich daran, den Ort ihres Verstecks von einer zauberkundigen Frau zu erfahren. Ihre Zaubersprüche waren so kräftig, dass sie jedes Ding, mochte es auch noch so fest hinter Schloss und Riegel verborgen gehalten werden, aus der Ferne, ihr allein sichtbar, sich vor die Hände herbeizaubern konnte. Sie gab den Bescheid, dass ein gewisser Regno sich der Mühe unterzogen habe, sie heimlich aufzuziehen und zur Verheimlichung der Sache sie mit Hundenamen benannt habe. Als diese sahen, das sie durch die überaus kräftigen [218] 218Zaubersprüche aus ihrem Verstecke geholt und vor die Augen der Zauberin gezogen wurden, da schütteten sie, um nicht durch den Bann des Höllenzwanges verraten zu werden, ihr den Schoss voll Gold, das sie von ihren Hütern erhalten hatten. Sobald sie das Geschenk erhielt, fiel sie, gleich als wäre sie plötzlich von Krämpfen befallen, wie tot zu Boden. Als die Diener sie fragten, weshalb sie so plötzlich zusammengebrochen sei, da sagte sie, der Schlupfwinkel der Söhne des Harald sei nicht zu erforschen: denn ihre Wunderkraft mache auch ihre kräftigsten Zaubersprüche unwirksam. So begnügte sie sich mit dem kleinem Vorteil und wollte nicht auf eine grössere Belohnung von seiten des Königs warten. Als darauf Regno merkte, dass man immer mehr im Volke von ihm und seinen Pfleglingen redete, da brachte er sie beide nach Fünen. Dort wurde er von Frotho

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 289. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_299.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)