Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus Teil I Bücher VI-IX | |
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VI. Ingell, Starkather. | 277 |
Wie ein Mastschwein stopft sie den Mann in Geilheit,
Reizt, ein schamlos Weib ohne Zucht, wie Huren
Keck und frech den Mann zu dem Liebeswerke,
Brät das Kochfleisch auf und zerkocht den Braten,
Mit Verschwendung sinnt sie auf üpp’ge Mahlzeit,
Guter Sitten Brauch übertritt sie sträflich,
Hegt nur das Laster.
Greift nach leckrem Mahl, und die altgeehrten
Bräuche stösst sie fort, dafür hegt sie böse
Künste des Gaumens.
Auf der blanken Schüssel gesottne Rübchen
Für den gier’gen Magen, das feiste Schaltier
Jeglicher Gattung.
Nie sah ich vordem, dass der grosse Frotho
Streckte seine Hand nach dem Fleisch des Vogels,
Hat er zerrissen.
Hat ein König je als ein Knecht des Gaumens
Wohl gekonnt den Schmutz des Gescheides umdrehn,
Wühlend mit der Hand in dem halbverwesten
Roh und ohn’ Zuthat ist das Mahl der Helden;
Wem das Herz nur strebt nach dem tapfren Kampfe,
Der, so denkt mein Sinn, hat nicht not die reichen
Prunkvollen Tische.
[209] 209Schöner mochtest Du in den straffen Bart Dich
Beissen grimmerfüllt mit dem scharfen Zahne,
Als mit weitem Mund voller Gier zu schlürfen
Milch aus dem Kübel.
Füllten stets den Bauch mit dem ranz’gen Specke;
Wen’ger Beifall fand die gekochte Brühe
Einst in der Vorzeit.
Ohne Feingeschmack von Gewürz und Kräutern
Mäss’ger Sinn hielt uns bei dem Mahl und Anstand
Alle in Schranken.
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 277. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_287.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2022)