Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus Teil I Bücher VI-IX | |
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274 | Sechstes Buch. |
denen er viel richtiger die Todesstrafe hätte vollstrecken müssen. Ausserdem soll er dieses Lied verwendet haben:
Ehren soll den Greis die unreife Jugend
An dem tapfern Mann seine langen Zeiten
Niemand darf schelten.
Mag vor Alter weiss auch das Haar erglänzen,
[205] 205Bleibt doch tapfrer Sinn immer frisch den Greisen;
Nimmer kann die Zeit in dem Strom der Jahre
Mannesbrust brechen.
Aber mich stösst arg mit dem Arm der Nachbar,
Giert nach leckrem Mahl, denn als Knecht des Gaumens
Kennt er nichts Höh’res.
Als ich war ein Mann im Gefolg des Frotho,
Sass ich jederzeit in der Helden Mitte
Führt’ ich die Tafel;
Aus ist jetzt der Brauch jener bessern Zeiten:
Jetzt sitz’ ich im Eck und bin gleich dem Fische,
Der bald hier bald dort sich ein Plätzchen ausspürt
Ich, der zweifellos in den alten Zeiten
Pflegt’ auf feinrem Stuhl an dem Tisch zu sitzen,
Hock’ in letzter Reih’, aus der vollen Halle
Werd’ ich gedränget.
Würfe nicht die Wand den Gedrängten rückwärts,
Machte nicht das Brett dem gestossnen Manne
Schwierig den Ausgang.
Auch des Hofvolks Tross mich verfolgt mit Lachen,
Scharfes Witzwort höhnt, und ich fühl’ die Zähne
Schwatzhafter Frechheit.
Was mit schneller Zung’ das Gerücht vermeldet,
Wie der Lauf der Welt, wie der Stand des Landes,
Wünsch’ ich zu hören.
Sag’! warum, Ingell, Du in Sünd’ begrabner,
Nahmst Du nicht längst schon für den Vater Rache?
Willst mit Gleichmut Du Deines wackren Vaters
Untergang tragen?
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 274. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_284.jpg&oldid=- (Version vom 10.5.2022)