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VI. Ingell, Starkather. 273


Da aber Starkather sehen musste, dass die Leute, die den Frotho erschlagen hatten, bei Ingell in hoher Gunst standen, zeigte er die grosse Wut, die in ihm kochte, mit dem scharfen Feuer seiner Blicke und verriet seine innere Bewegung durch die Erregung, die sich auf seinem Antlitze widerspiegelte, indem er den verborgenen Sturm in seinem Innern durch die unverdeckte Wildheit seiner Augen in die Erscheinung treten liess. Als schliesslich Ingell ihn mit Speisen von dem Tische des Königs beschwichtigen wollte, da wies er das Essen zurück, weil er, mit gewöhnlicher einfacher Kost zufrieden, die fremdländischen Gerichte verschmähte und, an alltägliche Speisen gewöhnt, seinen Gaumen nicht durch feinen Wohlgeschmack kitzelte. Als er gefragt wurde, weshalb er mit so finsterer Stirn die Gnade des freigebigen Königs zurückweise, sagte er, er sei nach Dänemark gekommen, um den Sohn des Frotho zu finden, nicht einen Menschen, der seinen verwöhnten und gierigen Magen mit einem feinzubereiteten reichlichen Mahle vollstopfe. Denn das hatte die deutsche dem Könige vertraut gewordene Üppigkeit bewirkt, dass er die in Wasser gekochten Fleischstücke in seinem Trachten nach üppiger Sättigung noch einmal am Feuer rösten liess. Darauf liess er die Aufführung des Ingell nicht unangegriffen vorbei, sondern ergoss über sein Haupt bitteren Tadel, klagte ihn der Ruchlosigkeit an, weil er, das Maul aufsperrend vor Übersättigung, den beim Essen erworbenen Rausch mit unanständigem Rülpsen ausströmen lasse und in Nachahmung der sächsischen Schwelgerei weit ab von der Nüchternheit auf Abwegen irre, so bar aller Tugend, dass er auch nicht dem geringsten Schatten derselben nachgehe. Am meisten aber, sagte er, müsse ihn alle Schmach treffen, weil er im Beginne seiner Laufbahn uneingedenk der Rache für seinen Vater mit Versäumung des Naturgebots die Henker desselben mit Wohlwollen und Aufmerksamkeiten überhäufe, die Leute, die sich am bösesten um ihn verdient gemacht, lieb und wert halte und die, gegen die er am schärfsten hätte vorgehen müssen, nicht allein straflos gelassen, sondern sogar seines Verkehrs und der Ehre seines Tisches gewürdigt hätte, an

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 273. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_283.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)