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VI. Starkather, Helgo. 265


anzunehmen von einem armseligen Weibe aus dem untersten Stande. Er wusste auch, dass sie zwar gut verstand, ihr eigenes Fleisch und Blut mit der nährenden Milch zu versehen, nicht aber oder nur schlecht fremde Wunden mit Heilmitteln zu beschicken. Als sie wegging, kam ein junger Mann auf einem Wagen gefahren. Als der den Alten erblickte und näher trat, um seinen Wunden Hilfe zu bringen, und gefragt wurde, wer er wäre, gab er den Bescheid, er sei der Sohn eines Bauern und an die Arbeiten des Landbaues gewöhnt. Da pries Starkather seine Abkunft, erklärte auch sein Gewerbe für das ehrwürdigste, weil Leute dieses Berufes ihren Lebensunterhalt mit ehrlicher Arbeit suchten und nur von einem solchen Gewinne wüssten, den sie mit Schweissvergiessen erwürben. Und nicht mit Unrecht meinte er, dass man das Leben eines Bauern den glänzendsten Schätzen vorziehen müsse, denn dessen Früchte werden unverdorben, gleichweit entfernt von glänzendem und von niederem Lose, aus dem Schosse des Mittelstandes erzeugt und grossgezogen. Um aber die Freundlichkeit des jungen Mannes nicht unbeschenkt zu lassen, gab er ihm den Mantel, den er auf den Dornstrauch geworfen, als Belohnung für die bezeugte Achtung. Es trat also der Bauernsohn an ihn heran, schob die losgetrennten Teile des Innern wieder an ihren Platz und band die herausgeglittene Menge der Eingeweide mit einer Schlinge aus Weidenruten fest. Dann hob er den Alten auf seinen Wagen und fuhr ihn mit hochachtungsvollem Eifer bis zu dem Hause des Königs.

Inzwischen begann Helga ihren Mann mit Worten, die eine grosse Vorsicht offenbarten, zu unterrichten: [199] 199sie sei überzeugt, dass Starkather, sobald er nach Besiegung der Kämpen zurückkehre, ihn dafür bestrafen würde, dass er nicht gekommen sei; denn er würde glauben, dass er mehr sich durch Feigheit und Wollust habe bestimmen lassen, als Wert gelegt auf das Worthalten für den ausgemachten Kampf. Er müsse ihm also scharf entgegentreten, weil er gewohnt sei, Tapfere zu schonen, Feige aber zu hassen. Ihre Voraussage erkannte Helgo als eben so richtig an, wie ihren Rat Brust reichen; für ihn wäre es eine Schande, Unterstützung

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_275.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)