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254 Sechstes Buch.


wollte er weder selbst praktisch erlernen noch andere üben lassen. So warf er männliches Streben ganz ab und ahmte weibliches Thun nach; denn ihn hatte ungezähmter Gaumenkitzel für jeden Küchengeruch begeistert. Immer hauchte er einen Rausch aus und, der Nüchternheit vollständig abgesagt, rülpste er die unverdaute Bauchbrühe mit stinkendem Atem aus. Er wurde eben so hässlich an Schwelgerei, wie Frotho strahlend durch seine Kriege. So sehr hatte die übermässige Verlockung des Gaumens seinen Geist durch Wohlleben geschwächt.[1] Der Ekel über seine Unmässigkeit bestimmte den Starkather, den Umgang mit Ingell aufzugeben; er zog Thaten der Ruhe vor und begab sich in den Dienst Haldans, des Königs der Schweden. So wenig konnte er sich dazu verstehen, [190] 190dem Übermasse der Schwelgerei seinen Beifall zu zollen. Die Söhne des Swerting aber fürchteten, dass sie dem Ingell für die That ihres Vaters werden büssen müssen; deshalb gaben sie ihm ihre Schwester in die Ehe, um die Rache durch die Wohlthat abzuwenden. Die Vorzeit berichtet, dass er von ihr als Söhne Frotho, Fridlew, Ingellus und Olawus, den andere einen Sohn seiner Schwester nennen, bekommen habe[2].

Seine Schwester Helga hatte ein Goldschmied, ein Mann von niederer Herkunft, aber in schönen Redensarten bewandert und im Besitze mancher Kleinodien, durch welche vorzugsweise der begehrliche Sinn der Frauen sich fangen lässt, durch sein zierliches Liebeswerben zu Gegenliebe verlockt:


  1. Der Satz ist nicht recht verständlich; intempestiva gulae corruptela, was unpassend erscheint, weil sie doch auch für ein höheres Alter keine Zier ist, stammt vielleicht aus Sueton. Vitell. 13. Die erste Ausgabe hat nicht animum, sondern nimium.
  2. Die Übersetzung giebt den Text Holders wieder, der an 2164-7 eine starke Stütze hat; doch scheint noch nicht alles in Ordnung zu sein, da die Worte der angeführten Stelle die „iniquitas“ der ersten Ausgabe vermissen lassen. Vielleicht wies die Sage dem Ingell ursprünglich gar keine Kinder zu, wozu die Prophezeiung Starkathers 21225 und sein Rat 21417 besser passt. Die Namen der angeblichen Söhne sind etwas verdächtig; auch von Olaf weiss Saxo nichts zu berichten. Sollte der Satz, der an ganz unpassender Stelle steht, nicht ein Einschiebsel sein?
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 254. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_264.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)