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VI. Frotho IV., Starkather. 247


beschloss er ihm die Lebenszeit zu erstrecken, wenn die (gewünschte) Schandthat erfolge. Indem Starkather darauf zu Wikar ging und einige Zeit in dessen näheren Umgebung verweilte, verbarg er seine böse Absicht hinter Dienstfertigkeit. Endlich ging er mit ihm auf einen Wikingerzug. Als sie nun an einem gewissen Orte von wilden Stürmen lange gepeinigt wurden, indem die Winde die Fahrt so unmöglich machten, dass sie den grössten Teil des Jahres still liegen mussten, so meinten sie, die Götter durch Menschenblut günstig stimmen zu müssen. Zu dem Zwecke warfen sie die Lose in den Topf, und es traf sich, dass das Opfer des Todes des Königs verlangt wurde. Da machte Starkather einen Strick aus Weidenruten und hängte darin den König auf: er sollte nur eine kurze Zeit den Schein der Strafe gewähren. Aber der starre Knoten verfolgte sein Recht und nahm dem Hangenden den letzten Atem. Als er noch zuckte, entriss ihm Starkather mit dem Schwerte den Rest von Leben, und während er ihm hätte beispringen müssen, offenbarte er seine Treulosigkeit. Denn ich denke, es ist die Ansicht nicht in Betracht zu ziehen, dass die weichen Ruten plötzlich zu einem festen Knoten verschlungen wie eine eiserne Schlinge gewirkt hätten. Er nahm Wikars Schiff und begab sich zu einem gewissen Bemonus, dem tüchtigsten Wiking in Dänemark, um Seeräuber zu sein. Der Genosse des Bemon nämlich, Frakkus mit Namen, [185] 185war aus Überdruss an den Anstrengungen des Wikingerlebens jüngst aus dem Bunde ausgeschieden gegen Zahlung einer bestimmten Geldsumme. Starkather und Bemon achteten so peinlich auf Erhaltung der Nüchternheit, dass sie niemals sich mit einem berauschenden Trunke gütlich gethan haben sollen, damit nicht das hervorragendste Band der Tapferkeit, nämlich die Masshaltung, durch die Kraft der Schwelgerei zerrissen würde. Als sie nun, nachdem sie die Länder weithin heimgesucht hatten, in ihrer Zerstörungswut auch in Russland eingedrungen waren, da begannen die Einwohner, die ihren Mauern und Waffen misstrauten, um die Schritte der Feinde zu hemmen, sehr spitze Nägel vor ihnen hinzuwerfen, damit

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 247. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_257.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)