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236 Sechstes Buch.


seinen früheren Stand zurückzukehren, beschloss er seine jetzige Stellung mit den Waffen zu behaupten. So wurde denn das Land zwiespältig in jähen Bewegungen des Aufruhrs hin und her getrieben. Die einen standen auf Seiten des Hiarn, die andern traten wegen der hervorragenden Verdienste des Frotho für die Erhebung des Fridlew ein, und die Stimme des Volks schwankte uneins, da die einen den gegenwärtigen Zustand, die andern die Erinnerung an die Vergangenheit hoch hielten. Schliesslich überwog doch die Rücksicht auf die Erinnerung an den Frotho, und das Bestechende derselben gewann dem Fridlew die Gunst des grösseren Teils. Denn die Mehrzahl, die ein tieferes Verständnis hatte, bildete sich doch die Ansicht, dass ein Mensch aus dem Bauernstande, da er ja nur durch ein blosses Geschenk des Glücks gegen seines Standes Recht unverhofft in die höchste Stelle des Reichs gelangt sei, aus der Herrschaft entfernt werden müsse, damit nicht den wahren Erben der Ehre ein unberechtigter Besitzer verdränge. Fridlew aber hiess die Gesandten der Dänen heimgehen und den Hiarn auffordern, entweder die Krone niederzulegen oder mit ihm zu kämpfen. Hiarn hielt es für unrühmlich, aus Liebe zum Leben die Ehre preiszugeben und sein Heil zu retten mit dem Verluste der Ruhmesstellung; er stellte sich dem Fridlew zum Kampfe, wurde aber geschlagen und entwich nach Jütland. Als er dem Sieger noch einmal mit einem neuen Heere entgegentrat, wurden alle seine Leute vom Schwerte dahingerafft, er aber gewann ohne einen Genossen die Flucht, von der noch eine Insel zeugt, die ihren Namen nach seinem erhalten hat (Hiarnö). Nachdem er so ein erniedrigendes Geschick erfahren hatte, was sein Mut eigentlich nicht verdiente, nachdem er ferner durch die zweimalige Niederlage beinahe seine ganze Mannschaft eingebüsst hatte, legte er sich auf List: er machte sein Antlitz unkennbar und ging zum Fridlew, um ihn zu töten, wenn er sich erst in sein Vertrauen eingeschlichen habe und ihn dann überfallen könne. Er wurde von ihm aufgenommen und verbarg eine Zeit lang seine Absicht unter verstelltem Diensteifer. Er gab sich für einen Salzsieder aus und verrichtete unedle Dienste mit den

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_246.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)