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VI. Fridlew. 233


Aber die Männer, die ihre Nachbarschaft mit Raubzügen heimsuchten, richteten oft grosse Verheerungen an. Sie verwüsteten die Wohnstätten, schlugen das Vieh nieder, plünderten alles, trieben grosse Beute weg, verbrannten die ausgeraubten Häuser, töteten Männer und Weiber; das alles galt ihnen als Bethätigung der Tapferkeit. Einen unvorsichtigen Ausbruch dieser Männer fing Fridlew ab und trieb sie alle fliehend auf ihre Schanze zurück, bekam auch das riesenstarke Pferd in seine Hand, das sein Reiter, kopflos vor Furcht, um rascher fliehen zu können, diesseits des Flusses zurückliess und nicht mit sich über die Brücke zu nehmen wagte. Darauf machte er bekannt, wenn jemand einen von den Brüdern erschlüge, so wolle er den Leichnam mit Gold aufwiegen. Durch diese Aussicht gelockt, kamen einige königliche Kämpen, nicht sowohl durch Habgier als durch ihre glühende Tapferkeit angefeuert, heimlich zu Fridlew, versprachen ihre Mitwirkung zu dem Werke und verwetteten ihr Leben, wenn sie ihm nicht die abgeschlagenen Köpfe der Räuber brächten. Ihr tapferes Versprechen lobte Fridlew, hiess aber seine Umgebung noch warten und machte sich, nur mit einem Begleiter sich begnügend, auf den Weg zum Flusse; damit es nicht aussehen sollte, als baue er mehr auf anderer Kraft als auf seine eigene, beschloss er eine Hilfe durch eigene Tapferkeit überflüssig zu machen. Darauf tötete er seinen Begleiter durch wiederholte Schläge mit einem Steine und warf die Leiche in den Fluss; er zog auch seine Kleidung aus und legte sie ihm an, nahm dafür jenes Kleider für sich, damit das Aussehen der Leiche den Schein erwecke, als sei der König umgekommen. Auch das Tier, auf dem er geritten, bespritzte er mit absichtlich hervorgelocktem Blute, um an seinen Tod glauben zu lassen, wenn es nach dem Lager zurücklaufe. Dann gab er dem Rosse[1] die Sporen und trieb es mitten in den Strudel, stieg ab, als es ihn über den Fluss getragen hatte und versuchte den der Schanze


  1. Offenbar dem Wunderrosse, auf welchem der Knecht geritten zu sein scheint.
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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 233. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_243.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)