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V. Frotho III., Erik. 199


Sitte bei einer Hochzeit es verlangt, bis vor das Schlafgemach. Er selbst ging anders wohin zur Ruhe.

Erik aber liess die für Frotho bestimmte Alwilda besonders schlafen und umarmte seine Gunwara wie vorher, indem er den König überlistete. Götar fand keine Ruhe in der Nacht, und mit verwunderndem und zweifelndem Sinne rief er sich immer wieder das Bild seiner Täuschung vor Augen; denn das schien ja nicht Ähnlichkeit der Gestalten, sondern Gleichheit zu sein. Daher bildete sich in ihm eine so ungewisse und schwankende Beurteilung der Sache, dass er auf einen Irrtum schob, was er in Wahrheit entdeckt hatte. Endlich kam ihm der Gedanke, dass mit der Zwischenwand ein Trug hätte angerichtet sein können. Sofort liess er sie genau besichtigen und absuchen, aber es liess sich keine Spur von Durchbrechung nachweisen. In dem ganzen Gemache liess sich keine Berührung und Verletzung erblicken. Erik hatte nämlich in tiefer Nacht die Verletzung der Wand wieder ausgebessert, damit sein listiger Streich nicht verraten würde. Darauf hiess der König, um der Sache auf den Grund zu kommen, zwei Trabanten sich in das Schlafgemach Eriks schleichen und hinter dem Vorhange stehen, damit sie auf alles genau Acht hätten. Sie waren auch angewiesen, den Erik zu erschlagen, wenn sie ihn mit Gunwara zusammen fänden. Sie schlichen sich in das Zimmer, verbargen ihre Anwesenheit in einer [149] 149durch den Vorhang verdeckten Ecke und erblickten Erik und Gunwara, wie sie mit verschlungenen Armen auf demselben Lager ruhten. Sie meinten, sie schliefen noch nicht fest und lauerten auf den tieferen Schlaf; sie wollten warten, bis der schwere Schlummer ihnen die Möglichkeit biete, ihre Schandthat auszuführen. Als nun Erik laut schnarchte, und sie darin das Anzeichen des festen Schlafes erkannten, traten sie sofort mit den gezückten Schwertern aus ihrer Ecke hervor, um ihn zusammenzuhauen. Erik wurde über ihrem mordsüchtigen Hinzulaufen wach, und als er ihre Schwerter schon über seinem Kopfe erblickte, da sprach er den Namen seiner Stiefmutter aus, den unter Gefahren zu nennen ihm dereinst gesagt worden war, und er erfuhr

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 199. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_209.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)