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V. Frotho III., Erik. 191


Eure Hand zu fallen; wenn Ihr die Schäden durchgeht, werdet Ihr die Wohlthat bereuen; ärgern wird es Euch, dass Ihr einem Feinde unter die Arme gegriffen habt, wenn Ihr seine grosse Grausamkeit Euch gegenüber ermesst. Warum schont Ihr des Schuldigen? warum lasst Ihr Eure Hand von dem Nacken des Verfolgers? [143] 143Recht und billig ist es, dass das Geschick, das ich Euch bereiten wollte, auf mich zurückfalle. Ich bekenne, wenn mir die Macht über Euch zufiele, die Ihr über mich habt, dann würde Ich keine Rücksicht kennen. Und wenn ich auch in Euren Augen der That nach schuldlos bin, dem Willen nach muss ich schuldig gesprochen werden. So komme denn über mich, ich bitte, die Schuld der bösen Absicht, die in der Regel der That gleich geachtet wird. Wenn Ihr Euer Schwert für mein Ende versagt, so werde ich wissen, mit eigner Hand ein Ende zu machen.“

Dagegen erwiderte Erik: „Die Götter mögen einen so thörichten Gedanken von Dir nehmen; sie mögen ihn von dir nehmen, sage ich, damit Du nicht mit Sünde das Ende eines so erlauchten Lebens suchst. Sie selbst haben es ja verboten, dass jemand, der wohlthätig gegen andere ist, an sich selbst zum Mörder werde. Auf die Probe gestellt bist Du von dem Glücke; es wollte sehen, wie Du widriges Geschick erträgst. Eine Prüfung hat Dir das Schicksal gesandt, nicht einen Fall. Kein Harm ist Dir geschlagen, den nicht ein besseres Los austilgen könnte. Eine Mahnung zur Vorsicht ist Dir geworden, nicht dein Glück umgeschlagen. Niemand benimmt sich bescheiden im Glück, der nicht gelernt hat, Schicksalsschläge zu ertragen. Ausserdem wird der Genuss aller Güter nach Erfahrung im Leide angenehmer empfunden. Erfreuender ist das Vergnügen, das auf ein bitteres Ereignis folgt. Willst Du das Leben von Dir weisen, wenn Du einmal im Meere nass geworden bist? In voller Rüstung herausgeschwommen zu sein, soll dessen sich jemand schämen und nicht vielmehr rühmen? Wie viele würden sich glücklich schätzen, wenn sie nach Deinem Los unglücklich wären! Die Herrschaft bleibt Dir, der Geist ist rüstig, das Leben ist frisch, mehr kannst Du erhoffen von der Zukunft, als Du bisher

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_201.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)