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188 Fünftes Buch.


Genick. So verfiel Westmar bei seinem wirkungslosen Versuche, während er Rächer sein wollte, in das Geschick derer, die er rächen wollte, niedergestreckt gleichwie die, deren Tod er zu ahnden gewünscht hatte.

Als aber Frotho darauf sann, den Erik mit einem Wurfe seines Dolches zu durchbohren, wollte Gunwara, die die Absicht des Bruders merkte, ihren Verlobten vor der Gefahr warnen und sagte: niemand sei weise, der nicht sein eigener Hüter sei. Dieses Wort war für Erik eine Mahnung, vor böser List sich zu decken, und er begriff auf der Stelle mit seinem scharfen Verstande den Rat zur Vorsicht. Sofort nämlich sprang er auf und sagte: [141] 141der Ruhm des Sieges fiele dem Weisen zu, Arglist strafe sich selbst, indem er mit milder Bezeichnung die heimtückische Absicht geiselte. Als ihn nun der König mit plötzlichem Messerwurfe nicht treffen konnte, weil er ausbog, da bohrte sich die Klinge ohne Ziel in die Wand gegenüber. Da sagte Erik: „Freunden muss man Geschenke zureichen, nicht zuwerfen; annehmbar hättest Du Dein Geschenk gemacht, wenn Du mit der Klinge auch die Scheide gegeben hättest.“ Der König löste sofort die Scheide von seinem Gürtel und gab sie ihm; er war durch die massvolle Haltung des Gastes genötigt, seinen Hass aufzugeben. So besänftigt durch die kluge Erdichtung des andern überliess er die Waffe, die er in böser Absicht geworfen, ihm gütig als dauernden Besitz. So wandelte Erik die Unbill, die er zu vertuschen wusste, zur Wohlthat um und erhielt das für seinen Untergang bestimmte Eisen als schönes Geschenk. Denn was Frotho in der Absicht zu schaden gethan hatte, das beschönigte er mit der Benennung Freigebigkeit. Darauf übergab man sich der Ruhe.

In der Nacht weckte Gunwara den Erik heimlich und sagte, sie müssten fliehen; sehr nützlich sei es, wenn man ohne Schaden auf heilem Wagen heimkomme. Mit ihr kam er an den Strand, machte die Flotte des Königs, die da vor Anker gegangen war, durch Zertrennung eines Teiles der Seiten unbrauchbar für eine Fahrt und flickte sie wieder mit eingefügten Pflöcken, damit die Verletzung von keines Auge

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_198.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)