Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 177.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
V. Frotho III. 167


niemand besser als der Vater die Tochter zur Hochzeit geleiten könne. Frotho empfing hocherfreut die Braut und nahm seinen zukünftigen Schwiegervater höchst ehrenvoll auf; als die Hochzeit gefeiert war, entliess er ihn nach Hause mit reichen Geschenken an Gold und Silber.

So verlebte Frotho mit der Hanunda (das war die Tochter des Hunnenkönigs) drei Jahre im schönsten Frieden. Seine Hauskerle aber wurden üppig infolge des Nichtsthuns und brachten den aus der Ruhe erwachsenden Mutwillen in allerhand schändlichen Thaten zum Vorschein. Die einen zogen sie an Stricken in die Höhe und peinigten sie in der Weise, dass sie sie wie einen Treibball auf und abschwingen liessen, andere liessen sie auf eine Bockshaut treten und brachten sie, wenn sie nicht aufpassten, auf dem schlüpfrigen Felle durch einen Zug an einem versteckten Seile zu Falle, anderen zogen sie die Kleider aus und zerfleischten sie durch Peitschenhiebe, andere hefteten sie an Keulen und verhängten über sie eine Schein-Aufhängung wie mit dem Strick; anderen sengten sie Bart- und Kopfhaar mit brennenden Kienspänen ab, anderen verbrannten sie die Scham mit einem darunter gehaltenen Feuerbrande. Jungfrauen liessen sie nicht eher heiraten, als bis sie ihnen ihre Keuschheit geopfert. Die Fremden warfen sie mit Knochen, andere zwangen sie zu Unmässigkeit und liessen sie von dem übermässigen Trunke bersten. Niemand durfte seine Tochter verheiraten, wenn er nicht erst ihre Gunst und Huld erkauft hatte. Keiner durfte sich eine Frau nehmen, wenn er nicht erst ihre Zustimmung teuer erkaufte. Ausserdem liessen sie ihre ungebundene, sündhafte Wollust nicht nur über unverheiratete ergehen, sondern auch ohne Unterschied über verheiratete Frauen. Ihre mit Frechheit gemischte [126] 126Wut hielt eine doppelte Art von Raserei in Bewegung. Fremden Gästen wurden als Willkommen Schimpfworte entgegengebracht. So viele Formen der Verhöhnung wurden von den frechen und mutwilligen Leuten erfunden, so sehr wuchs die Frechheit durch die Ungebundenheit heran unter einem jungen Könige. Denn nichts ruft so sehr Zügellosigkeit im Sündigen hervor, wie der

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_177.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)