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V. Frotho III. 163


Nachfolge; es schwand die Achtung vor dem Eheband, gewaltsamer Liebesgenuss wurde allgemein. Die Liebe wurde auf der Strasse gesucht, die Heiligkeit der Ehe verschwand. Mit Gewalt nahm man Wollust. Schuld war der Friede, da die kräftigen Menschen, die keine Arbeit hatten, infolge der Ruhe, die so gern auf Abwege führt, den sittlichen Halt verloren. Endlich erfrechte sich Grep, der älteste von den Gleichnamigen, einen Hafen für seine schweifenden Lüste in der Liebe der Schwester des Königs zu suchen, um die weit sich ausbreitende Regung seiner Sinnlichkeit auf einen Punkt festzulegen. Mit Unrecht; denn es ziemte sich zwar, die schweifende und unstäte Lüsternheit unter die Zügel der Sittlichkeit zu nehmen, aber unverschämt war es, dass ein Gemeinfreier seine Augen zu der Königstochter erhob. Sie suchte aus Furcht vor seiner Frechheit ein von einem Walle umgebenes Gemach auf, um sicher vor Unbill zu sein. Dreissig Diener zog sie zu, die sie unausgesetzt behüten und bewachen sollten.

Die Hauskerle des Frotho, die für ihre Kleider der weiblichen Hilfe entbehrten – sie konnten weder neues nähen, noch zerschlissenes ausbessern lassen –, lagen den König dringend an, sich zu verheiraten. [123] 123Er entschuldigte anfangs seine Weigerung mit seiner grossen Jugend, gab aber schliesslich doch der unablässigen Bitte der Seinigen nach. Als er seine Mahner ernstlich nach einer für ihn geeigneten Frau fragte, wurde ihm in erster Linie die Tochter des Hunnenkönigs empfohlen. Dem gegenüber sagte Frotho, der immer noch auf Mittel und Wege dachte sich zu weigern: er habe von seinem Vater die Lehre erhalten, den Königen bringe es keinen Nutzen, einen Ehebund in weiter Ferne zu suchen; eine Frau müsse der König sich aus einem Nachbarlande holen. Als Götwara das vernahm, erkannte sie, dass des Königs Widerstand gegen seine Umgebung nicht ernst gemeint war. Um seinem wankenden Entschlusse Halt zu geben und das Selbstvertrauen des zaghaften Sinnes aufzurichten, sagte sie: „Jünglingen gebührt Hochzeit, Greisen ist das Grab beschieden. Der Jugend Schritte gehen vorwärts in glückhafter

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_173.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)