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150 Viertes Buch.


als auf die Nachrede wegen des dabei begangenen Verstosses; er meinte, mit der Erschlagung eines Tyrannen könne unter keinen Umständen eine Schande verknüpft sein. Im Auslande aber wurde es zum Sprichwort, [113] 113dass der Untergang des Königs das alte Kampfrecht aus seinen Fugen gehoben habe.

Als Wermund hochbetagt das Augenlicht verlor, meinte der König von Sachsen, nun habe Dänemark keinen Führer mehr und liess ihn durch Gesandte auffordern, er solle ihm die Verwaltung des Reiches überlassen, an der er noch über das schickliche Alter hinaus festhalte; er solle nicht durch seine Gier, die Herrschaft lange in der Hand zu behalten, das Land des Richters und des Schützers im Kriege berauben. Denn könne der als König gelten, dem das Alter den Verstand und die Blindheit das Auge mit gleich schrecklicher Finsternis umdunkelt habe? Wenn er sich weigere und einen Sohn habe, der mit seinem Sohne im Zweikampfe sich zu messen wage, so solle er sich damit einverstanden erklären, dass der Sieger das Reich erhalte. Wenn er sich auf keines von beiden einlassen wolle, so solle er die Sprache der Waffen, nicht mehr des guten Rates vernehmen, und er werde dann unfreiwillig geben müssen, was er freiwillig herzugeben verschmähe. Hierauf antwortete Wermund mit tiefen Seufzern, es sei unverschämt, dass man ihm sein Alter so bitter vorrücke; denn das Alter habe ihn nicht deshalb in diese unselige Lage gebracht, weil er seine Jugend feig und kampfscheu verlebt habe. Ebenso ungehörig sei es, dass ihm sein Körperfehler, die Blindheit, vorgerückt werde, denn sein Lebensalter pflege doch gewöhnlich diese Minderung der Sehschärfe mit sich zu bringen. Mitleid haben müsse man mit seinem Verluste, nicht ihn verspotten. Mit mehr Recht könne man den Sachsenkönig der Ungeduld zeihen, denn es hätte sich für ihn mehr geziemt, auf den Tod des Greises zu warten als sein Reich zu verlangen, weil es doch viel schöner sei einem Toten nachzufolgen, als einen Lebenden zu berauben. Trotz alledem wolle er mit eigner Hand der Herausforderung Folge leisten, damit man nicht von ihm sage, er habe witzlos den Ruhm seiner früheren Freiheit einer ausländischen Herrschaft

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_160.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)