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120 Drittes Buch.


Mangel beweinen, sondern an Dir selbst. Im übrigen denke daran, zu schweigen.“ Durch diesen beissenden Tadel rief er die Mutter auf den Weg der Ehrbarkeit zurück und lehrte sie, die alte Liebe über die augenblicklichen Lockungen zu stellen.

Als Fengo zurückkam, den Anrater des hinterlistigen Aushorchens nicht fand und lange eifrig nach ihm forschte, da konnte niemand sagen, dass er ihn irgendwo gesehen habe. Auch Amleth wurde scherzweise gefragt, ob er irgend eine Spur von ihm entdeckt habe; da erzählte er, dass er auf den Abtritt gegangen sei, dass er dort tief hinuntergefallen, ganz im Kote versunken und von den herzulaufenden Schweinen gefressen worden sei. Dieser Bericht enthielt zwar völlig wahre Angaben, aber den Hörern diente er zum Gespötte, weil er dem Anscheine nach närrisch war.

Da nun Fengo seinen Neffen, bei dem er ganz bestimmt eine versteckte List voraussetzte, aus dem Wege räumen wollte, aber das vor dem Oheime Rorik und auch vor der Mutter nicht wagte, so hielt er es für geraten, ihn durch den König von Britannien töten zu lassen, um so seine Unschuld behaupten zu können, wenn ein anderer die That verübe. Während er also seine Unmenschlichkeit zu verbergen wünschte, wollte er lieber den Freund in üblen Ruf bringen als selbst die Schande auf sich nehmen. Beim Scheiden trug Amleth der Mutter heimlich auf, die Halle mit geknoteten Wandbehängen auszustatten und nach einem Jahre für ihn einen Leichenschmaus fälschlich auszurichten; für diese Zeit verhiess er seine Rückkehr. Es gingen mit ihm zwei Trabanten des Fengo, die ein Schreiben auf Holz geritzt (denn das war seiner Zeit das gebräuchliche Schreibmaterial) bei sich hatten, in welchem dem Könige der Briten die Tötung des ihm zugeschickten Jünglings aufgetragen wurde. Als sie schliefen, durchsuchte Amleth ihre Taschen und entdeckte das Schreiben. Als er die in ihm enthaltenen Aufträge gelesen, schabte er alles ab, was auf den Holzflächen stand und schnitt neue Runen ein; in diesen wendete er durch Veränderung des [93] 93Wortlautes des Auftrags die Verdammung zum Tode von

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 120. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_130.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)