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III. Othin. 101


 sagte er, und verstehe sich auf die Goldschmiedekunst; und so fertigte er auch vielfachgestaltete Schmuckgegenstände in sehr schöner Ausführung in Metall und empfahl seine Berufsangabe durch Kunstgeschick so, dass er vom Könige ein grosses Gewicht Gold erhielt und den Frauen Schmuck schmieden sollte. Nachdem er also viele schöne Gegenstände des Frauenschmucks geschmiedet hatte, fertigte er zuletzt, eine Spange, die viel feiner ausgeführt war, als alle anderen Stücke und mehrere ebenso sorgfältig geschmiedete Ringe und brachte sie der Jungfrau dar. Aber Abneigung lässt sich durch keine Wohlthaten besänftigen. Als er Rinda einen Kuss geben wollte, schlug sie ihm einen derben Backenstreich. Nicht gern werden Geschenke genommen, die ein Verhasster giebt; angenehm sind, die von Freunden dargereicht werden; der Wert der Gabe hängt in der Regel von der Wertschätzung des Spenders ab. Die energische Jungfrau war sich völlig klar darüber, dass der listige Alte mit seiner falschen Freigebigkeit es nur auf einen Weg für seine Wollust abgesehen habe. Ausserdem war ihr Sinn hart und nicht zu beugen, denn sie begriff, dass die Gefälligkeit nur ein Deckmantel für eine List sei, und dass hinter dem Schenkeifer nur ein böser Wunsch lauere. Der Vater tadelte sie heftig, dass sie die Heirat ausschlage; sie aber, die von einer Ehe mit einem alten Manne nichts wissen wollte, sagte, eine überstürzte Ehe gehöre sich nicht für zarte Mädchenjahre, nahm also ihr jugendliches Alter zum Vorwande für die Zurückweisung des Ehebundes.

Aber Othin, der aus Erfahrung wusste, dass in der Liebe nichts wirksamer ist für die Erfüllung der Wünsche, als ausdauernde Beharrlichkeit, ging zum dritten Male zum Könige, obwohl er zweimal mit Schimpf und Schande abgewiesen war; er nahm wieder eine andere Gestalt an und trat als fertiger Kämpe auf. Ihn hatte zu diesem Versuche nicht allein die Lust getrieben, sondern auch der Wunsch, die Schmach zu tilgen. Einstmals verstanden die Zauberkundigen aufs trefflichste ihre Züge zu verwandeln und in verschiedener Gestalt sich zu zeigen; neben der natürlichen Erscheinung

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_111.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)