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III. Hother. 93

 mindert den Kummer, selbst wenn sie die Gefahr nicht hebt. Unter den andern Regungen ihres Innern überwog doch endlich der Wunsch sich mutig zu zeigen und sie schritten zu einer Seeschlacht mit Balder. Man hätte glauben können, Menschen kämpften gegen Götter, denn für Balder stritten Othin und Thor und die heiligen Scharen der Götter. Man konnte da einen Kampf sehen, in dem Götter- und Menschenkraft durch einander lief. Aber Hother brach, bekleidet mit seinem hiebfesten Gewande, in die dichtesten Keile der Götter ein und kämpfte, soweit er als Erdensohn gegen Götter das vermochte. Thor aber zerschlug mit gewaltigem Schwunge seines Hammers alle ihm entgegen gehaltenen Schilde, die Feinde eben so sehr auffordernd ihn anzugreifen, als die Freunde ihn zu decken. Keine Art von Rüstung gab es, die nicht seinem Ansturme wich, niemand konnte sich seinen Schlägen ohne Lebensgefahr aussetzen; was er durch einen Hieb abwehrte, das schlug er nieder. Nicht Schilde, nicht Helme hielten die Kraft seines Streiches aus, keinem half grosse Gestalt, noch grosse Kraft. So wäre denn der Sieg den Himmlischen zugefallen, wenn nicht Hother, der bei dem Wanken seiner Reihen schnell herbeiflog, den Hammer durch Abschlagen des Handgriffs unbrauchbar gemacht hätte. Als die Götter sich dieser Waffe beraubt sahen, ergriffen sie eiligst die Flucht. Der Glaube würde sich dagegen sträuben, dass Götter von Menschen besiegt wurden, wenn nicht die Überlieferung aus alter Zeit es wahr erscheinen liesse. Götter aber sage ich der gewöhnlichen Ansicht folgend, nicht als ob ich ihnen Wesenheit zusprechen wollte; ich gebe ihnen [74] 74die Bezeichnung Götter nicht ihrer Natur nach, sondern nach der Gewohnheit der Heiden.

Den Balder rettete die in eiligem Laufe ergriffene Flucht. Die Sieger, nicht zufrieden damit, Götter besiegt zu haben, liessen noch die Reste der Flotte ihre Wut fühlen, um durch deren Vernichtung ihre mörderische Kampfesgier zu stillen: sie versenkten oder zerhackten die Schiffe Balders. So steigert in der Regel das Glück die Erbitterung. Als Zeuge des Kampfes erinnert heute noch ein Hafen mit seinem Namen

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Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_103.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)