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II. Rolf. 77


Uns wird bringen das Ende die Nacht oder Rache für Unbill.
Nicht jetzt ruf ich euch zu, zum Spiel euch zu schicken mit Mägdlein,
Jungfrauenwangen zu streicheln, die zarten, nicht Bräuten die süssen
Lippen zu küssen mit Lust, nicht schwellende Busen zu drücken,

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Nicht auch zu schlürfen den flüssigen Wein, noch zu streicheln die zarten

Schenkel, den Blick nicht zu heften auf schneeweiss strahlende Arme.
Nein! ich rufe euch jetzt zu den bitteren Kämpfen des Kriegsgotts.
Kampf ist von nöten, nicht tändelnde Liebe, nicht hat seinen Platz hier
Weichlicher, kraftloser Sinn, nur Kämpfer erfordert die Stunde.

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Wer mit dem König verbunden in Freundschaft, ergreife die Waffen;

Treue Gesinnung des Mannes erweist sich am schönsten durch Kriegsthat.
Nicht sei Furcht in dem Manne, nicht flüchtiger Sinn in dem Helden,
Weiche aus jeglichem Herzen die Lust, sie weiche den Waffen.
Ruhm winkt jedem als Lohn, jetzt mag sich nach eigner Bestimmung

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Jeder erwerben Verdienst, durch die eigene Rechte erglänzen.

Fern sei üppiger Sinn, erfüllet vom Ernste die Herzen
Strebe jetzt jeder zu wenden allein das uns drohende Blutbad.
Nicht, willst Ruhm du erringen und Preis, darfst lässig du zaudern
Feig in erschlaffender Angst, nein! hurtig entgegen den Starken

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Eile und zittere nicht vor dem eisigen Stahle des Schwertes.

Bei diesem Rufe wachte Biarko auf, weckte rasch seinen Diener Scalcus[1] und sprach zu ihm folgende Worte:

Auf! mein Knappe und fache das Feuer mit emsigem Blasen,
Fege den Herd mit dem Holz, kehr’ ab die verglommene Asche.

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Funken entlocke der Statt und die schlafenden Reste des Feuers

Störe empor und locke heraus die verborgenen Flammen,
Zwinge den schläfrigen Herd im helleren Lichte zu leuchten,
Treibe zu rötlicher Glut mit dem brennenden Holze die Kohlen.
Gut ist’s, nahe zu stehn, an die Flamme zu halten die Finger;

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Warm muss sein ja die Hand dem, der da pfleget des Freundes,

Frei von der bläulichen Farbe der eisigen, stechenden Kälte.

     Hialto (kommt nach einiger Zeit zurück):
Süss, süss ist es, dem Herrn zu vergelten empfangene Gaben,
Kühn zu erfassen das Schwert- und dem Ruhme zu weihen das Eisen.
Siehe, jetzt treibt einen jeden das Herz, dem verdieneten König [60] 60
Löblich zu folgen, den Herrn mit gebührendem Ernste zu schützen.
Alles, die Schwerter, die deutschen, die Helme, die strahlenden Spangen,
Panzer, die Knöchel noch deckend, die Rolwo dereinst seinen Mannen

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Schenkte, sie sollen den Sinn in Erinnerung schärfen zum Kampfe.

Alles, was einst er geschenkt in behaglicher Ruhe des Friedens,
Alles das gilt es nunmehr mit tapferem Kampfe verdienen,


  1. Wohl Missverständnis; an skálkr = Knecht.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 77. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_087.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)