Seite:Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus 061.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
II. Frotho. 51

 Als so die Russen besiegt waren, suchte Frotho die Heimat wieder auf. Hier musste er erfahren, dass die nach Russland zur Eintreibung des Tributs geschickten Boten von dem treulosen Volke grausam ermordet waren; aufgebracht über die zwiefache Unbill setzte er der Stadt Rotala[1] in enger Einschliessung hart zu. Damit nicht der zwischenliegende Fluss die Eroberung der Stadt hinausschöbe, liess [41] 41er die gesamte Wassermasse desselben durch verschiedene neu geschaffene Abzweigungen teilen und schuf so aus einem unergründlich tiefem Flussbette seichtes Wasser, das sich leicht durchwaten liess; und er liess nicht früher ab, als bis der reissende Strudel, durch den geteilten Abfluss gemindert, seine Wogen in sanfter Strömung trieb und allmählich in seichter Verflachung nur noch einige dünne Rinnsale aufwies. So wurde der Fluss gebändigt, und die Stadt erlag, ihres natürlichen Schutzes bar, ohne Gegenwehr dem Einbruche seiner Mannen. Hierauf liess er das Heer vor Paltiska[2] rücken. Da er diese Stadt mit seinen Kräften zu besiegen nicht hoffen durfte, so vertauschte er offenen Kampf mit Trug. Er verbarg sich in einem recht versteckten Schlupfwinkel und liess die Kunde verbreiten, er sei gestorben, um die Furcht des Feindes zu mindern; nur wenige waren in den Plan eingeweiht. Zur Bekräftigung der Kunde wurde sogar ein Leichenbegängnis abgehalten und ein Grabhügel geschüttet. Auch widmeten die Leute dem erlogenen Hingange ihres Führers eine erlogene Trauer. Verleitet durch diese Kunde betrieb der König der Stadt, Vespasius, gleich als sei der Sieg ihm sicher, die Verteidigung so lau und schlaff, dass die Feinde Gelegenheit zum Einbruche fanden, und er bei Spiel und Zeitvertreib erschlagen wurde.

Nachdem diese Stadt genommen, machte sich Frotho Hoffnung auf die Herrschaft über den Osten und rückte vor die Stadt des Handwan. Der dachte daran, wie einst die Stadt durch Hading in Brand gesteckt war, und liess alle Häuser


  1. Rötel in Esthland.
  2. Pleskow.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 51. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_061.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)