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I. Hading. 29


 festes Unterpfand zu geben. Auf diese Weise durch die innigsten Bundesbande verknüpft, kündigten Liser und Hading dem Lokerus, dem Fürsten der Kuren, Krieg an. Sie wurden aber besiegt, und nun schaffte der obenerwähnte alte Mann den fliehenden Hading auf seinem Rosse nach seiner Behausung; dort erquickte er ihn durch einen süssen Trank und weissagte ihm, dass ihm dadurch fortan eine frischere Körperkraft Festigkeit verleihen werde. Die Weisung bei dieser Voraussagung schloss er in folgenden Sang ein:

Lenkst Du von hier Deinen Schritt, so wird Dich als flüchtigen Recken
Greifen der Feind und legen in Bande, damit er Dich werfe
Vor zum Frasse dem Rachen des wilden Tieres: jedoch Du[24] 24
Fülle die Ohren der Wächter mit Mären voll lieblichen Inhalts.
Wenn nun nach reichlichem Mahle der tiefe Schlaf sie umschliesset,
Dann wirf von Dir das Band und sprenge die lästige Fessel.

5
Lenke von dannen den Schritt und, wenn kurzer Verzug Dich erquicket,

Dann mit all Deiner Kraft spring an den reissenden Löwen,
Der der Gefangenen Leichen in grausigem Spiele umherwirft;
An seinem trotzigen Buge versuch’ Dich mit kräftigen Armen,
Bohre das blinkende Schwert ihm tief in die Fibern des Herzens;

10
Flugs dann näh’re den Mund und sauge das rauchende Blut auf,

Lass Dir auch werden das Herz mit malmenden Zähnen zur Speise.
Dann wird zaubrische Kraft Deine Glieder durchströmen und jählings
Grössere Stärke Dir fliessen ins Mark, dann wird eine Fülle
Kräftigen Mutes Dir tief die nervigen Arme durchdringen.

15
Ich will bahnen dem Wunsche den Weg, unschädlich die Wächter

Machen mit tiefem Schlaf, dass bis zum Morgen sie schnarchen.

Und kaum hatte er das Wort gesprochen, da brachte er mit seinem Rosse den Jüngling an seinen früheren Aufenthaltsort zurück. Da warf Hading voller Verwunderung über den Vorgang einen forschenden Blick durch die Lücken des Mantels, unter dem er zitternd sich barg und sah, wie den Hufen des Rosses das Meer sich als Weg bot; es wurde ihm aber verboten weiter zu schauen, was zu schauen ihm versagt wäre, und er wandte die staunenden Augen von der erschreckenden Betrachtung ihrer Pfade ab.

Als er nun, von Loker gefangen, unter genauem Eintreffen der Ereignisse die Erfüllung der Voraussagung an sich erfahren hatte, überzog er den König des Hellespontes

Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 29. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_039.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)