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I. Gram. 21

Mit diesen Worten riss er die Vermummung ab und [17] 17 liess die natürliche Schönheit seines Antlitzes sehen; sein wahrer Anblick[1] flösste dem Mädchen beinahe ebensoviel Wonnegefühl ein, wie ihr der verstellte Furcht erregt hatte; durch seine blendende Erscheinung vermochte er sie auch zum Beilager und versäumte nicht, sie mit den Gaben der Liebe zu bedenken. Auf seinem weiteren Wege erfuhr er von Begegnenden, dass an der Strasse zwei Räuber lauerten. Als diese gierig hervorbrachen, um ihn zu berauben, tötete er sie durch einen blossen Stoss. Er wollte aber die Meinung nicht aufkommen lassen, dass er damit dem feindlichen Lande eine Wohlthat habe erweisen wollen ; deshalb band er die Leichen der erschlagenen an untergelegte Pfähle und reckte sie hoch, so dass es aussah, als stünden sie auf ihren Füssen; sie sollten die, denen sie im Leben geschadet, noch nach dem Tode mit dem Scheine erschrecken, sie sollten auch nach ihrem Tode noch Furcht einflössen und den Weg eben so durch ihr Bild, wie vorher durch ihre That unsicher machen. Also hat er bei der Erlegung der Räuber nur sein Wohl im Auge gehabt, nicht den Vorteil des schwedischen Landes; denn dass er dieses sehr hasste, hat er durch dieses merkwürdige Verfahren sattsam kund gethan.

Als er von den Wahrsagern erfuhr, dass Sigtrug nur mit Gold überwunden werden könne, band er sofort an seine hölzerne Keule einen Knoten von Gold, und mit ihr versehen erreichte er seinen Wunsch in dem Zweikampfe mit dem Könige. Diese That hat Bessus mit Lob und Preis gefeiert in folgendem Gedichte:

     Gram, der Held, der glücklichen Keule Träger,
Unaufhörlich schlug er die Streiche, wehrte
Ohne Schwertschlag, nur mit dem Holz, des Gegners
Kräftige Hiebe.

25
     Nur des Schicksals und des Gebots der Götter

Diener, brach er schmählich den Stolz der Schweden,
Als des Goldknaufs tödlicher Schlag zu Boden
Streckte den König.




  1. „ein einziger Blick auf ihn“ Holder.
Empfohlene Zitierweise:
Saxo Grammaticus: Erläuterungen zu den ersten neun Büchern der Dänischen Geschichte des Saxo Grammaticus. Leipzig: Verlag von Wilhelm Engelmann, 1901, Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Erl%C3%A4uterungen_zu_den_ersten_neun_B%C3%BCchern_der_D%C3%A4nischen_Geschichte_des_Saxo_Grammaticus_031.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)