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seine Geige und sagte: „Jetzt will ich anfangen so gut ich kann, und den Notenwald hergeigen.“ Er traf zwar jede Note, allein unzusammenhängend. Übrigens war das dem Herrn Kapellmeister schon genug, dem es bloß daran lag, zu prüfen, ob der Knabe nicht mechanisch abgerichtet sei.

Man ließ ihn zum Schluß noch etwas von den Stücken, die er gelernt hatte, spielen, und somit war die Probe fertig und wir gingen, den Anwesenden dankend und uns empfehlend, in unsern Gasthof zurück. Nachmittags führten wir den Kleinen, da das Wetter sich wieder aufgeheitert hatte, in den Hauptstraßen Stuttgarts spazieren. Da gab es ein Sehen und Bewundern. Alle Augenblicke blieb er stehen, von dem Residenzschloß konnten wir ihn fast gar nicht wegbringen. Mit Gewalt wollte er in dasselbe hinein und den König besuchen, der so freundlich mit ihm gewesen sei. Um ihn zu beruhigen, ließen wir uns durch einen Thürsteher in das Schloß einführen. Wie ihn die Pracht der Ausstattung anzog, kann ich nicht schildern. Da er nun aber wieder zum König selbst wollte, sagte ich ihm ernstlich, daß dieses nicht sein dürfe, daß niemand ohne besonderen Befehl zum Monarchen dürfe u. s. w. Er gab sich zufrieden und wir fuhren nach Cannstatt in den Frösnerschen Badegarten, in welchem er sich mit Schaukeln, Reiten u. dergl.

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Joseph Epple: Eduard Keller, Erinnerungen aus seiner Kindheit. Stuttgart: Kohlhammer 1904, Seite 32. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Epple_keller_32.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)